Rede am 29.01.2016 zum TOP 24
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) Drs. 18/7317
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag des Fraktion DIE LINKE Deutscher Beitrag zu den UN-Klimaverhandlungen – Kohlendioxid als Umweltschadstoff definieren, Betriebszeiten von Kohlekraftwerken begrenzen Drs. 18/3313, 18/7277
Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zukunft des Strommarktes – Mit ökologischem Flexibilitätsmarkt klimafreundliche Kapazitäten anreizen und Kohleausstieg einleiten Drs. 18/7369
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gabriel sagt dieser Tage gerne, der Welpenschutz für erneuerbare Energien sei beendet, man müsse die Erneuerbaren jetzt durch Ausschreibungen in einen Wettbewerb bringen. Wir haben es ja gerade gehört. Ich sage Ihnen: So wird das Fördersystem im EEG umgekrempelt und nebenbei die Bürgerenergie totgemacht.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Es geht längst um die Frage, wer die Energiewende übernimmt. Sind es hauptsächlich große Investoren, die nur am Profit orientiert sind, oder sind es dezentrale kleine Akteure, die nah an den Menschen vor Ort sind? Das müssen wir den Menschen sagen: Es geht wieder um die großen Konzerne und um Profit.
Nach Gabriels Plan ist die Bürgerenergie bald raus, so viel ist klar.
(Thomas Bareiß (CDU/CSU): Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf von der SPD: Wo steht das denn?)
Ich sage Ihnen: Die Befürworter der Bürgerenergie werden es Ihnen nicht vergessen. Zudem muss ich mich schon wundern: Welpenschutz für Erneuerbare wird abgeschafft, stattdessen pampern Sie die Dinosaurier der Stromerzeugung.
Für einige Kohlekraftwerke sollen künftig unter dem Deckmantel einer Sicherheitsreserve 230 Millionen Euro jährlich gezahlt werden. Das zum Thema Preise und dazu, wer das bezahlt. Eine solche Reserve brauchen wir nicht. Diese sogenannte Sicherheitsreserve ist nichts anderes als eine Luxusalimentierung für Kohlekraftwerke.
Man muss sich immer wieder vor Augen halten: Zehn Tage braucht ein Kohlekraftwerk in Sicherheitsreserve, um hochzufahren und im Ernstfall Strom zu liefern. Einen solchen Fall hatten wir in der Bundesrepublik bisher noch nie, und er wird voraussichtlich auch nicht eintreffen. Sie halten – ich meine das wirklich ernst – die Stromkundinnen und ‑kunden wahrscheinlich für bescheuert und lassen sie für diesen Unsinn blechen. Ich sage Ihnen: Das ist unerhört. Das wissen die Leute vor Ort auch.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zur Wahrheit gehört auch, dass wir bereits im vergangenen Jahr einen Anteil des Ökostroms an der Stromerzeugung in Höhe von einem Drittel hatten. Super. Das ist nicht schlecht. Aber leider: Unserer Klimabilanz nützt dies gar nichts, denn die Braunkohlemeiler reduzieren ihre Produktion eben nicht aufgrund des Mehr an Ökostrom. Sie qualmen munter wie nie und exportieren mehr denn je. Kohlestrom ist viel zu billig und überschwemmt das europäische Ausland. Wenn die Bundesregierung jetzt den Strommarkt neu ordnen will, müsste sie diese Fehlentwicklung eigentlich im Blick haben.
Wir wissen alle, dass die Dekarbonisierung des Stromsektors in Deutschland seit Paris im Hausaufgabenheft der Bundesregierung steht. Frau Hendricks weiß dies. Deshalb war sie diese Woche auch schon in der Lausitz. Herr Gabriel lenkt momentan noch von seinen unerledigten Hausaufgaben ab, indem er sagt, auch andere hätten noch nachzuarbeiten, wie der Verkehrs- oder der Agrarsektor. Das stimmt zwar, aber auch er muss seine Hausaufgaben machen.
Als Linke schlagen wir vor, der Realität ins Auge zu blicken und als ersten Schritt CO2 wie in den USA als Schadstoff zu deklarieren,
(Beifall bei der LINKEN)
und dann ein Kohleausstiegsgesetz auf den Weg zu bringen.
Das kluge Elf-Punkte-Programm zur Dekarbonisierung der Agora Energiewende geht übrigens ebenfalls in diese Richtung. Wir finden das gut. Dies hat den Vorteil, dass alle sich auf ein Enddatum, zum Beispiel 2040 oder besser noch 2035, einstellen können. Beschäftigte in den Kraftwerken und Bürgermeister wüssten, welche Meiler beispielsweise 2020 vom Netz gehen und welche 2030. Ein solcher schrittweiser Ausstiegsplan bietet Rechtssicherheit und Planbarkeit. Genau das brauchen die Beteiligten endlich.
(Beifall bei der LINKEN)
Eine Neuordnung des Strommarkts, die der Energiewende dienen soll, müsste aus unserer Sicht dafür sorgen, dass nicht wieder zentralistische Großstrukturen aufgebaut und große Player gestärkt werden. Sie müsste vielmehr die Stadtwerke als Vertriebsakteur stärken, die das Zusammenspiel von fossilen und regenerativen Energien vor Ort koordinieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Stadtwerke könnten auch wunderbar Manager für Lastmanagement sein, weil sie den direkten Draht zu den großen Verbrauchern vor Ort haben. Bürgerenergie und kleinere kommunale Versorger zu wollen, ist kein Selbstzweck, sondern notwendig für die Akzeptanz der Energiewende.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch die Bundesregierung tut leider alles, um die Bürgerenergie zu killen. Ich sage: Das ist der falsche Weg. Wir setzen uns dafür ein, die Bürgerenergie und kommunale Versorger zu stärken. Das wäre der richtige Weg.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN)