Wer das Pariser Klimaabkommen ernst nimmt, der braucht einen Plan

Rede am 23.06.2016 TOP 6 und ZP 1

Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Klimaschutzplan 2050 – Echter Klimaschutz beginnt heute

Drucksache 18/8876

Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zur Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens – Klimaschutz wirksam verankern und Klimaziele einhalten

Drucksache 18/8080

Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Festlegung nationaler Klimaschutzziele und zur Förderung des Klimaschutzes (Klimaschutzgesetz – KlimaSchG)

Drucksache 18/1612

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

Drucksache 18/8770

Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Verkehrspolitik auf Klimaschutzziele ausrichten

Drucksache 18/7887

Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Weichen für die ökologische Modernisierung der Wirtschaft stellen – Chancen des Klimaschutzes nutzen

Drucksache 18/8877

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Für ein Rahmenprogramm für Klima- und Klimafolgenforschung

Drucksachen 18/7048, 18/8873

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Echter Klimaschutz braucht einen echten Plan. Dieser Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung gerade ausarbeitet, ist darum eigentlich eine feine Sache. Wir haben Kritik, vor allem was die fehlende Verbindlichkeit angeht; aber die Grundtendenz stimmt erst einmal. Wir warten jetzt darauf, dass dieser erste Masterplan für Klimaschutz in Deutschland endlich offiziell vorliegt.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn wenn sie gut sind, ist besonders die Linke für Pläne zu haben – das wissen Sie ja -, vor allem dann, wenn der Wirtschaft gezeigt wird, dass private Profite nicht vor Allgemeinwohl gehen. Wer die Pariser Klimabeschlüsse ernst nimmt, der braucht einen Plan. Wer immer noch glaubt, der Umbau einer ganzen Volkswirtschaft auf klimaneutral sei ohne ein starkes Konzept zu schaffen, der meint es mit dem Klimaschutz nicht ernst oder ist ein zukunftsblinder Ignorant.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Linke meint es ernst mit dem Klimaschutz. Darum unterstützen wir die Anträge der Grünen. In weiten Teilen spiegeln sie auch unsere Vorstellungen von nachhaltigem Klimaschutz wider.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Bis 2050 muss Deutschland seinen Treibhausgasausstoß um 100 Prozent gesenkt haben – um 100 Prozent! Das ist das Ziel, hinter dem die Linke steht. Das geht nur mit einem sektorübergreifenden Klimaschutzfahrplan, also über alle Bereiche hinweg.

Foto: Versonnen / pixelio.de

Foto: Versonnen / pixelio.de

Aber nicht alle politischen Kräfte im Parlament sind für Klimaschutz. Teile der Union schießen weiter gegen jedes Vorhaben. Ganz vorne mit dabei ist der CDU-Wirtschaftsrat. Vorgestern musste sich sogar die Bundeskanzlerin den Kopf waschen lassen: mehr Markt, Steuern runter, alles für die Unternehmen – das ist dort die Devise. Zusammen mit dem BDI trommeln auch einige Kollegen der CDU gegen den Klimaschutzplan. Das Umweltministerium habe die Wirtschaft nicht in den breitangelegten Beteiligungsprozess mit einbezogen. Also wirklich, das ist völliger Unsinn! Alle konnten sich einbringen. Schauen Sie sich einmal die Webseite des Ministeriums an. Da finden Sie Ihren BDI ganz oben auf der Liste.

Aber das wissen Sie: Den Kritikern geht es gar nicht um Beteiligung. Sie sind von denen vorgeschickt – das ist mein Eindruck -, die den Schuss von Paris nicht hören wollen. Die großen Bosse glauben eben nicht an eine Welt ohne Kohle und Erdöl. Intern lachen sie sich über die deutschen Klimaschutzziele kaputt. Nach draußen erzählen sie dann immer wieder dieselben Märchen: Klimaschutz schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Die anderen Wettbewerber am Weltmarkt sind die heimlichen Gewinner von Energiewende oder Emissionshandel. – Sogar von einem deutschen Sonderweg ist immer wieder die Rede. Ich sage Ihnen: Dahinter steht der alte Abwehrkampf großer Konzerne gegen demokratische Vorgaben der Politik, und das geht einfach nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Hier wird auch jedes Klischee bedient!)

Wollen wir aber verhindern, dass Ökosysteme und das Leben von Millionen von Menschen gefährdet werden, dann sind Klimaschutzanstrengungen per Gesetz einfach notwendig, und zwar nicht nur von Alleinerziehenden, von kleinen Bäckern oder Bäckerinnen oder vom Kfz-Mechaniker. Was wir brauchen, ist ein Klimaschutzbeitrag der großen Wirtschaft:

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

vom Stahlwerk zur Automobilindustrie, vom Energieversorger zu Wohnungsbaugesellschaften, von der Airline bis zur Tiermastanlage. Alle Bereiche werden mehr denn je zum Klimaschutz beitragen müssen; das können wir nicht oft genug sagen. Unser Ziel wird erreicht mit Investitionen in mehr Energieeinsparung, mit erneuerbaren Energien, mit Investitionen in Innovationen – darüber wurde schon viel gesagt -, aber auch mit einer Abkehr von Wachstumswahnsinn, Lohndumping und sozialem Kahlschlag.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wird immer wieder die Frage gestellt: Hat Klimaschutz der Wirtschaft bisher geschadet? Natürlich nicht! Deutschland erzielt einen Exportrekord nach dem nächsten. Für die verteufelten Energiekosten hat das der Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen darum noch einmal aufgeschrieben. Ich zitiere:

Durchschnittlich machen in der deutschen Industrie die Energiekosten nur etwa 2 % der Gesamtkosten aus. Für die Mehrzahl der Industriebetriebe wären mithin selbst substanzielle Energiekostensteigerungen verkraftbar. Auch sind die Energiestückkosten (der Anteil der Energiekosten an der Bruttowertschöpfung) der deutschen Industrie als Ganzes im internationalen Vergleich … geringer als in den meisten europäischen Staaten oder in China.

Das sagt der Sachverständigenrate der Bundesregierung für Umweltfragen und nicht irgendjemand.

Da ist also noch Luft für mehr Klimaschutz vorhanden. Der Weg in die Dekarbonisierung liegt vor uns. Also: Packen wir es an!

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)