Kolbenfresser droht für die Erneuerbaren

Rede am 21.05.2015 zum TOP 16 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Drs. 18/4683

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Drs. 18/4891

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) Drs. 18/4968

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bald ist das EEG, das heute noch ein klein wenig verändert wird, in der Form ein Jahr in Kraft. Und ich muss feststellen: Die Energiepolitik der Regierung ist ziellos, strategielos

(Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): So ist die Politik der Linkspartei!)

und schädlich für die erneuerbaren Energien, die eine der Branchen mit den größten Potenzialen sind.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Erneuerbaren haben große Möglichkeiten, große Potenziale für unseren Arbeitsmarkt. Das geht aus einer Studie des Wirtschaftsministeriums hervor, die aber unter Verschluss gehalten wird.

(Matthias Ilgen (SPD): Ach was!)

Wir haben schriftlich nachgefragt: Warum veröffentlichen Sie diese Studie nicht? – Wollen Sie der Öffentlichkeit nicht sagen, welch großartiger Jobmotor die Erneuerbaren sein könnten? Ich sage „sein könnten“; denn natürlich wird sich das nicht automatisch einstellen. Die Bundesregierung müsste dann schon die richtige Politik machen, die die Erneuerbaren auch voranbringt – so wie sie es irgendwann einmal eigentlich in Aussicht gestellt hat und in Sonntagsreden immer wieder behauptet.

Doch was bisher gelaufen ist, bringt den Jobmotor „erneuerbare Energien“ nicht zum Laufen, sondern zum Stottern. Diese Politik macht ihn vielleicht sogar kaputt – so wie ein Motor ohne Öl: Kolbenfresser ist dann angesagt.

(Heike Hänsel (DIE LINKE): Genau!)

Was macht diese Bundesregierung mit den Erneuerbaren? Jetzt deklinieren wir es mal durch: Die Bioenergie wird komplett plattgemacht.

(Dr. André Hahn (DIE LINKE): Pfui!)

Die Photovoltaik erreicht ihr Ausbauziel nicht, bleibt um ein Viertel unter der Zubaurate. Die PV-Ausschreibungen funktionieren nicht, weil sie mit durchschnittlich 9,17 Cent teurer sind als die Förderung bislang. Natürlich ist auch die Bürgerenergie draußen geblieben. Über KWK reden wir sicher morgen. Die wollen Sie jetzt auch noch plattmachen.

(Florian Post (SPD): Das stimmt doch gar nicht!)

Und was macht diese Bundesregierung mit den Industrierabatten, die sie ursprünglich mal einschränken wollte – das muss man immer wieder sagen: vor der Bundestagswahl war das so -, um die Belastung für die privaten Haushalte zu reduzieren?

(Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Versprechen gebrochen, jedes Mal!)

Sie macht das Gegenteil dessen, was sie behauptet hat. Die Industrierabatte wurden ausgeweitet und werden es noch, auch mit dieser heutigen Gesetzesänderung.

Die 5 Milliarden Euro Industrierabatte kommen Unternehmen zugute, die vor allem glaubwürdig behaupten können, im internationalen Wettbewerb zu stehen.

(Matthias Ilgen (SPD): Wir haben das geprüft!)

In einem Merkblatt der BAFA ist zu lesen:

Die Wettbewerbsfähigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ansässiger Unternehmen auf den internationalen Märkten wird durch eine Vielzahl von zum Teil nur schwer objektiv messbaren Einflussfaktoren bestimmt.

Ich entnehme der verschwurbelten Formulierung: Wer es schlau anstellt, wird natürlich immer nachweisen können, dass sein Unternehmen im internationalen Wettbewerb steht. Die Industrierabatte sorgen außerdem dafür, dass sich Effizienz nicht lohnt. Das wird mir aus der Praxis berichtet, zum Beispiel von einer Gießerei in Bayern. Weil der Betrieb sonst zu wenig verbrauchen würde, um als stromintensiv zu gelten ‑ da nützt auch die Pflicht zu einem Umweltmanagementsystem nichts ‑, spart man eben keinen Strom mehr ein, da man sonst wesentlich mehr bezahlen würde. Das ist auch bestätigt. Ich sage Ihnen: Hier wird Verschwendung belohnt. Ich halte es für pervers; denn die Betriebe wollen eigentlich Strom einsparen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der wesentliche Kern des Erfolgs des EEG war ja die Investitionssicherheit. Das sagen uns alle möglichen Betriebe immer wieder. Das wissen Sie auch. Die Bundesregierung hat es geschafft, eine wachstumswillige und -fähige Branche tief zu verunsichern, und setzt damit die Tendenz der Vorgängerregierung fort. Ich halte es einfach für traurig. Das ist eine Kolbenfresserpolitik. Der Jobmotor „erneuerbare Energien“ stottert. Ich sage Ihnen: Machen Sie da endlich etwas, bevor es zu spät ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich müssen wir auch über Arbeitsplätze reden, über den Strukturwandel; der Kollege von der SPD hat es angesprochen. Dann lassen Sie uns jetzt endlich diese Debatte ernsthaft führen und nicht, wie es passiert, den Vorschlag, den Herr Gabriel gemacht hat, immer weiter verwässern.

(Beifall bei der LINKEN)