Aktuelle Stunde im Bundestag: Don Gabriel bekämpft Windräder

Rede am 01.06.2016 ZP Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN Haltung der Bundesregierung zur Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland und Europa

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben ja die große Gabe, Herr Gabriel, mit einem Lächeln im Gesicht ständig zu beteuern, wie wichtig Ihnen die Energiewende ist, diese aber gleichzeitig mit dem Hintern einzureißen.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Niveaulos bis zum Gehtnichtmehr hier!)

Ich halte das für unaufrichtig. Das erweist der Energiewende einen Bärendienst.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen eines: Die Menschen merken das,

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Die Menschen!)

und sie sind erbost.

Sie sprechen ja gerne vom Ende des Welpenschutzes für die Erneuerbaren, jetzt seien Windhunde daraus geworden.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Jagdhunde!)

Leider kennen Sie sich mit Hunden nicht so gut aus; denn was Sie machen, nämlich die Hunde, ob Wind- oder Jagdhunde, dauerhaft in den Zwinger zu verbannen, macht die Hunde krank.

(Florian Post (SPD): Die kriegen Auslauf!)

Nichts anderes ist der rigide Ausbaukorridor bei Windkraft an Land.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hubertus Heil (Peine) (SPD): Die sollen doch nur an die Leine!)

Zudem haben Sie erfolgreich wieder eine unsägliche Kostendebatte losgetreten; Herr Fuchs macht da mit. Diesmal wird Herr Homann, der Chef der Bundesnetzagentur, vorgeschickt. Er hat uns am Montag erzählt, dass im Jahre 2023  4 Milliarden Euro Redispatch-Kosten anfallen, weil der Windstrom aus dem Norden aufgrund des fehlenden Netzausbaus nicht nach Süden abgeleitet werden kann. Dies ist wieder so eine Story wie in der letzten Legislaturperiode.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Wir sind schon jetzt bei 1,2 Milliarden!)

Das ist grober Unfug. Herr Homann ist uns während der Beiratssitzung am Montag – Sie waren nicht dabei; aber lassen Sie es sich erzählen – die fachliche Grundlage dieser Schätzung schuldig geblieben.

(Ralph Lenkert (DIE LINKE): Die gibt es nicht! Es gibt keine!)

Daher muss ich sagen: Das sind einfach schlechte Zahlenspiele. Wir lassen es nicht zu, dass auf dem Rücken der Erneuerbaren schäbige Politik gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Foto: RoKnoFoto / pixelio.de

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2011 musste im Rahmen der EEG-Reform die Photovoltaik mit schätzungsweise 100 000 verlorenen Arbeitsplätzen daran glauben und 2014 unter Gabriel die Bioenergie, deren Ausbauzahlen mittlerweile wirklich ein Jammer sind. Diesmal hat der Herr Bundeswirtschaftsminister es besonders auf die Windenergie an Land – sie soll beschnitten werden –

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Das haben Sie doch schon letztes Mal erzählt!)

und auf die Bürgerenergie abgesehen. Ich sage Ihnen nur: Die Menschen im Ausland, die dies beobachten, reiben sich die Augen und wundern sich.

(Florian Post (SPD): Ja, das stimmt! Die wundern sich!)

Sie sagen: Deutschland hat mit seiner Vorreiterrolle einst dafür gesorgt, dass die erneuerbaren Energien bezahlbar werden, und jetzt will man die Früchte dieser Arbeit nicht ernten und fährt den Ausbau herunter. Wir fragen uns: Was soll das?

Heute Nacht haben Sie sich mit den Länderchefs offenbar auf 2 800 Megawatt brutto für Wind an Land geeinigt. Sie wissen selbst, dass ab 2020 zahlreiche Altanlagen vom Netz gehen oder durch neue ersetzt werden. Mit Ihrer Vereinbarung wird nach 2020 der Zubau stagnieren. Rechnen Sie es nach, Kollegen! Ich hoffe, dass sich dann noch viele daran erinnern, dass Herr Gabriel für den Fadenriss bei der Windenergie an Land verantwortlich war.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): So wie bei der Photovoltaik!)

Viele fragen sich: Wollen Sie den Ausbau der Erneuerbaren verzögern, um den Energiekonzernen Luft zu verschaffen, damit die fossil-atomare Energiewirtschaft noch eine Weile länger von ihrer dreckigen Kohleverstromung leben kann? Diesen Eindruck macht es.

Ich finde, wir müssen einfach einmal Klartext reden.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Ja, gerne!)

Wir müssen bald aus der Kohle aussteigen, um die Klimaziele zu erreichen.

(Florian Post (SPD): Erstmal den Atomausstieg hinkriegen!)

Paris hat das gezeigt, wohl wahr, und jetzt müssen wir liefern. Die Wählerinnen und Wähler brauchen Klarheit und Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Wahrheit gehört auch, dass die Kohleverstromung trotz der Energiewende steigt. Ich frage mich dann schon, welche Arbeitsplätze Ihnen wichtiger sind: die bei der Kohle oder die bei den Erneuerbaren. Es geht ja darum, dass wir ein Ausstiegsszenario brauchen. Da sind Sie einfach nicht bereit, etwas zu tun.

2011 hat Herr Gabriel aus der Opposition heraus angesichts der Atompolitik von Schwarz-Gelb vor den Folgen schlecht gemachter Gesetze gewarnt

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Das war ja auch so!)

– ich zitiere ihn jetzt einmal -:

Die Energieversorgung ist das Herz-Kreislauf-System der deutschen Volkswirtschaft. Sie, Frau Merkel, operieren alle sechs Monate am offenen Herzen …

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Das war nach Fukushima auch so!)

Mittlerweile sind Sie der Chefarzt, Herr Gabriel. Sie operieren so an der Energiewende herum, dass sie immer kränker wird.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Ich habe auch schon Schnupfen!)

Das ist für uns Murks. Eine aufstrebende Zukunftsbranche wird geschwächt und kaputtgemacht.

Wir setzen uns für die erneuerbaren Energien ein, für die Windhunde.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Jagdhunde!)

Wir wollen, dass sie wachsen und nicht eingesperrt werden. Wir wollen auch, dass die Bürgerenergie eine echte Chance bekommt; denn wir brauchen die Beteiligung der Menschen an der Energiewende.

Ich hoffe, dass morgen zur Demo ganz viele Leute kommen und dass auch Sie sich das einmal anschauen.

(Florian Post (SPD): Keine Zeit!)

– Der Kollege von der SPD sagt, er habe keine Zeit. Prioritäten setzen, Kollege! Das gilt auch für die Sozis.

(Beifall bei der LINKEN – Florian Post (SPD): Ich muss arbeiten, nicht auf Demos rumhängen!)