Der Klimawandel in Deutschland ist da: Unwettergeschädigten über Nothilfefonds unbürokratisch helfen

Rede am 08.06.2016 ZP Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN Unwetter in Deutschland

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle reden übers Wetter, wir Linke nicht. Ich finde es viel wichtiger, darüber zu reden, wie wir schnell und unbürokratisch helfen können. Das sage ich nicht nur als Abgeordnete aus Bayern, wo die Unwetter ja in besonders drastischer Art und Weise zugeschlagen haben. Mein Beileid und meine Anteilnahme möchte ich an dieser Stelle auch im Namen meiner Fraktion den Familien und Hinterbliebenen der Todesopfer in Deutschland bekunden sowie den Flutopfern, die Hab und Gut verloren haben.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt (SPD))

Unser Dank gilt natürlich den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern vor Ort.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) und des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir sollten den Menschen endlich einmal reinen Wein einschenken. Jedes Jahr eine Jahrhundertflut, jedes Jahr ein Jahrhundertsturm – dazu sagen wir: Da stimmt etwas nicht. Ich erkläre Ihnen auch, warum. Meine Vorrednerin, Frau Ministerin Hendricks, hat die Gründe bereits angesprochen. Was sind die Gründe für die Sturzfluten und Stürme in Bayern, Baden-Württemberg, am Niederrhein, in Rheinland-Pfalz und der Eifel sowie für den Tornado gestern in Hamburg? Was heute und vor einer Woche passiert ist, das nennt man allgemein Wetter. Bei Wetter und Unwetter geht es um einen kurzen Zustand – mal regnet es, mal scheint die Sonne -; wir haben es heute aber mit den Folgen des Klimawandels zu tun. Messungen über Jahrzehnte hinweg zeigen, dass die Zahl der Extremwetterereignisse weltweit, auch in Deutschland, stark zunimmt. Immer mehr Stürme, Regenfluten und Hitzewellen sind also nicht Ausdruck einer vorübergehenden Erscheinung, kein Wetter, sondern Folgen des Klimawandels. Reden Sie mit Versicherungsexperten, treffen Sie sich mit Wissenschaftlern; sie erklären Ihnen den Unterschied zwischen Wetter und Klima. „Klimawandel und seine Folgen in Deutschland“, das wäre eigentlich der ehrlichere Titel für diese Aktuelle Stunde gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein bisschen mehr Ehrlichkeit täte der Regierungskoalition auch ganz gut, wenn wir über Nothilfen für die Geschädigten reden. Wir von der Linken haben schon letzte Woche die Bundesregierung davon in Kenntnis gesetzt, dass viele Milliarden Euro Nothilfe notwendig sind und diese sofort abrufbar wären. Unbürokratische Hilfe vom Bund kann über den Aufbaufonds kommen, der hier im Juni 2013 beschlossen wurde. 7,4 Milliarden Euro Sondervermögen wurden in diesen Fonds aufgenommen. Von diesem Geld ist sehr viel übrig. Das reicht, um den Geschädigten schnell zu helfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Während die Linke Hilfsgelder im Haushalt fand, las ich in einer Presseerklärung des Kanzleramts vom Donnerstag die Reaktion der Bundeskanzlerin auf die Fluten – ich zitiere -:

Sie beobachte die Situation weiter sehr genau.

„Beobachten“, liebe Regierung, ist etwas für Fußballfans am Spielfeldrand oder für Vogelfans im Wald. Was zählt, ist das Grundgesetz, und darin steht, dass die Regierung dem Wohl der Bevölkerung verpflichtet ist. Handeln, nicht abwarten, das ist hier gefragt.

(Beifall bei der LINKEN)

Foto: M. Großmann / pixelio.de

Foto: M. Großmann / pixelio.de

Wann gibt es aus dem Sondervermögen Entschädigungen für die Hinterbliebenen der Umweltopfer? Wann gehen diese Mittel an die Familien, deren Häuser in den Wassermassen versunken sind? Sie warten auf diese Mittel; das wissen Sie. Der Bund hat Möglichkeiten. Statt sie zu nutzen, wird über neue Versicherungen diskutiert und Sparpolitik betrieben. Eine schwarze Null auf Kosten von Klimawandelopfern – das geht für uns gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Geben Sie die Gelder frei, und hören Sie auf, vom Wetter zu reden.

Die Ausrede, dass die Regierungsfraktionen keinem Antrag der Opposition zustimmen, lassen wir der Großen Koalition nicht durchgehen. Wir haben nämlich im Haushaltsausschuss gar keinen Antrag gestellt, sondern eine Unterrichtungsbitte eingereicht, übrigens als erste und bis jetzt einzige Fraktion, was mich sehr wundert. Besonders wundere ich mich über die CSU, weil sie in Bayern ununterbrochen Hilfe vom Bund anfordert, als wäre sie nicht in der Regierung. Sie haben ja mit diese Aktuelle Stunde beantragt.

Ich sage: Nehmen Sie unseren Vorschlag auf. Prüfen Sie den Wirtschaftsplan des Sondervermögens „Aufbauhilfe“, und ändern Sie, wenn nötig, die Zweckbindungsbestimmungen. Helfen Sie den Betroffenen schnell und unbürokratisch.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))