Steuerbonus für energetische Gebäudesanierung nicht ausbremsen

Rede am 06.03.2015 Aktuellen Stunde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema Perspektiven für Klimaschutz und Energieeffizienz nach Absage der Bundesregierung an einen Steuerbonus für eine energetische Gebäudesanierung

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bürgerinnen und Bürger geben heute für das Heizen und für Warmwasser 10 Milliarden Euro im Jahr mehr aus als noch vor zehn Jahren. 40 Prozent des Energiebedarfs in Deutschland entfällt auf den Gebäudebestand.

Trotzdem sind die Gebäude weiterhin nicht auf der Höhe der Zeit. Über die Hälfte aller Fassaden und mehr als ein Drittel aller Dächer älterer Gebäude haben keine Dämmung. Mehr als jede zweite Heizungsanlage wurde vor 1997 eingebaut. ‑ Das hat in dieser Woche die Deutsche Energie-Agentur gesagt.

Auch die Koalition scheint nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Komm, komm!)

Ich sage Ihnen: Dieses Hickhack in der Regierung muss aufhören. Das versteht kein Mensch da draußen. Fragen Sie doch einmal die Leute! Sie wollen nämlich Taten und Erfolge sehen. Es tut sich aber nichts.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ‑ Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Aber Sie predigen zu den Falschen!)

Es gibt wirklich keinen schlechteren Moment als jetzt, den Steuerbonus für die energetische Gebäudesanierung auszubremsen. Bei den Bestandssanierungen beklagt die Dämmstoffbranche nach einem Minus von 4 Prozent im Vorjahr einen weiteren Umsatzrückgang um fast 9 Prozent. Das hat allerdings auch etwas mit billigem Heizöl und Risiken bei den Dämmstoffen zu tun.

Der Heizungsmarkt stottert ebenfalls. 2014 verkaufte die Branche 4 Prozent weniger als 2013, und der Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmebereich stagniert derweil bei 9,9 Prozent.

Das alles sind Alarmsignale, die wir nicht einfach ignorieren dürfen. Wir brauchen eine Sanierungsquote von mindestens 2 Prozent; das wurde schon gesagt. Seit Jahren liegen wir aber unter diesem Wert. Jetzt streiten Sie, und währenddessen wird die Erderwärmung sicher keine Pause einlegen, sondern natürlich weitergehen.

An dieser Stelle möchte ich einmal klar sagen, warum der Ärger bei uns Linken so groß ist: Die Bundeskanzlerin persönlich hat der Öffentlichkeit den Steuerbonus versprochen,

(Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

und zwar Ende letzten Jahres, am 11. Dezember 2014, nach ihrem Treffen mit den Länderchefs. Wenige Tage davor war die steuerliche Förderung auch in den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz und das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 aufgenommen worden.

Ich erinnere mich noch, dass Ministerpräsident Haseloff aus Sachsen-Anhalt gleich nach der Spitzenrunde den Durchbruch ausgerufen hat. Endlich, nach Jahren der Verhandlungen, sei man soweit ‑ Zitat ‑, „dass dieses Gesetz im nächsten Jahr … auf den Weg gebracht wird …“. 40 Petajoule Energieeinsparung sollte der Steuerbonus bis 2020 bringen. Das wäre ja schon einmal nicht schlecht.

Nur 100 Tage hat es dann aber gedauert, bis eine der wichtigsten Säulen des Klimaplans weggebrochen ist. Ich finde, das geht überhaupt nicht; das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit dem Umweltausschuss war ich auf der UN-Klimakonferenz in Lima; einige waren dabei. In Gesprächen haben Kollegen aus Dänemark nicht nur über die Massivbauweise der deutschen Häuslebauer geschmunzelt und uns darauf hingewiesen, wir würden unökologisch und teuer für die Ewigkeit bauen: viel Stein statt Holz. Vor allem aber haben sie darüber berichtet, wie man Gebäudeeffizienz richtig machen kann. Am selben Tag hat übrigens Umweltministerin Hendricks vor der Weltgemeinschaft erklärt, dass Deutschland in Sachen Klimaschutz Wort hält. – Haha!

Ich finde es schädlich, was die Große Koalition hier für ein Bild abgibt. Ich frage mich: Was ist da los? Lassen sich SPD und CDU von Bayern an der Nase herumführen? Oder wollte Herr Oppermann Herrn Seehofer nur auflaufen lassen? Hat dessen Festhalten am Handwerkerbonus zur Absage an das ganze CO2-Gebäudesanierungsprogramm geführt? Das sagt jedenfalls die Staatskanzlei in München. Wie auch immer: Die Öffentlichkeit tappt im Dunkeln. Ich finde, das geht überhaupt nicht. Die Menschen haben ein Recht darauf, zu erfahren, was da los ist.

Auf der internationalen Ebene wird es ganz schwierig. Wenn die Energiewende im Gebäudebereich in Deutschland scheitert, ob an Regionalpolitikern oder an Koalitionsgezänk: Wie sollen wir da vom Rest der Welt glaubhaft einfordern, sich der globalen Energiewende anzuschließen, meine Damen und Herren?

Wir sagen: Steuerliche Förderung ist ein geeignetes Instrument. Auch der Handwerkerbonus macht für viele Sinn. Ich bin der Meinung, dass auch Eigentümer mit einem geringen Einkommen vom Handwerkerbonus profitieren sollten. Das kommt für Sie leider nicht infrage. Diese Förderung können nur Eigentümer ab einem bestimmten Einkommen in Anspruch nehmen. Aber auch andere haben ein Recht darauf.

Herr Krischer hat gesagt: Wir können Putin dadurch bekämpfen, indem wir weniger Öl und Gas kaufen. – Dazu kann ich nur sagen: Führen Sie doch einmal im Gebäudebereich Krieg und sanieren Sie. Nehmen Sie die Gelder aus der Rüstungskasse. Das wäre wirklich sinnvoll.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Machen Sie Ihre Vorschläge doch in den Ländern. Unser Anteil ist doch da!)

Dann hätten wir genügend Geld, sowohl zur Finanzierung des Handwerkerbonus als auch für die anderen Dinge. Da muss man gucken, wie man das Geld verteilt. Sie alle miteinander wollen offensichtlich nicht. Das ist einfach schädlich.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Unser Anteil ist doch da! Sie reden mit den Falschen!)