Die Bundesregierung gibt zu, dass bei der Energieeffizienz viel versäumt wurde. Ob allerdings die Werbung für lukrative Geschäftsmodelle und Sanierung als Lifestyle den schlechten Ruf der Gebäudedämmung in einen guten verwandeln können, bezweifelt Eva Bulling-Schröter in ihrer Rede.
Rede am 04.12.2014 zum TOP 10 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts der Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Die Energiewende durch Energieeffizienz voranbringen – EU-Energieeffiziensrichtlinie unverzüglich umsetzen“ Drs 18/1619, 18/2716
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über Effizienz sprechen, müssen wir auch über Gebäudesanierung reden. Der Ruf der Gebäudesanierung ist zurzeit total mies. „Die Volksverdämmung“ titelt Der Spiegel diese Woche ziemlich böse. Es heißt, die Wärmedämmung führe nicht zu niedrigeren Heizkosten, man hantiere mit giftigen Materialien, und all das nutze nur geldgierigen Investoren, die Mieter vertreiben. Ja, die Dämmung sei sogar brandgefährlich, so war diese Woche zu lesen.
Diesen schlechten Ruf hat die Wärmedämmung zum Teil zu Recht. Es ist einem schweren Fehler der Politik geschuldet, dass es zum Beispiel Vermietern ermöglicht wird, große Teile von Sowiesokosten für Modernisierung unter dem Deckmantel der Ökologie binnen kurzer Frist auf die Miete umzulegen. Vermieter können die Wärmedämmung zum lukrativen Geschäftsmodell machen und bei den Mietern absahnen. Das lehnen wir ab.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Das ist leider tatsächlich möglich, und damit muss endlich Schluss sein. Die Modernisierungsumlage muss dringend überarbeitet und unbedingt kurzfristig auf 5 Prozent gesenkt werden, sonst wird es keine Akzeptanz von dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen geben. Der schlechte Ruf der Gebäudesanierung ist für mich größtenteils lobbygesteuert; denn in unzähligen Fällen ist die Sanierung erfolgreich und nützt den Menschen und der Umwelt; das wissen wir doch alle.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie von den Grünen verzeihen mir bitte, dass ich heute weniger über Ihren Antrag rede, sondern mehr über den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz. Dieser setzt auf besonders rentable Geschäftsmodelle; eine Vokabel, die viele Leute eher fürchten als befürworten, weil sie die Auswirkungen dieser sogenannte Geschäftsmodelle durch Mieterhöhungen schmerzhaft zu spüren bekommen haben.
Ich begrüße ausdrücklich, dass laut Nationalem Aktionsplan Energieeffizienz Maßnahmen zur Gebäudesanierung und andere Effizienzmaßnahmen endlich von der Steuer abschreibbar sind.
(Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch nicht!)
Dies halte ich für einen guten Schritt.
Dieser Effizienzplan ist aber kein Ersatz für ein Gesamtkonzept, das unbedingt langfristig angelegt werden muss. Angesichts des bisher Versäumten wirkt er eher wie eine Art Notfallplan.
Aber der Kern meiner Kritik ist ein anderer: Der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz setzt allein auf Freiwilligkeit und Förderung. Ich habe meine Zweifel. Ich frage mich, ob er damit den gewünschten Erfolg haben wird, oder ob sich am Ende herausstellt, dass das alles Luftschlösser waren. Zu viele Beispiele freiwilliger Selbstverpflichtung sind bereits gescheitert. Wir haben in unserer Zeit als Parlamentarier bereits entsprechende Erfahrungen gemacht.
Angesichts der Dringlichkeit, die eine drohende Klimaschutzlücke mit sich bringt, ist in der gegenwärtigen Situation das vollständige Setzen auf freiwillige Maßnahmen der falsche Weg.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie wollen Energieeffizienz zu einem Lifestyle-Produkt machen wie das schnittige Auto, das neueste Smartphone oder die italienische Kaffeemaschine. Wie soll man sich das vorstellen? Dämmung als der letzte Schrei für modebewusste Yuppies? Ich sehe schon Agenturen daran arbeiten, die Energieeffizienz sexy zu machen,
(Klaus Mindrup (SPD): Ist das schlimm?)
nach dem Motto „Schau mir auf die Holzhackschnitzelheizung, Kleines“. Das ist doch ein Witz.
(Beifall bei der LINKEN)
Zum Glück gibt es Beispiele wie Dänemark. Dänemark ist Deutschland ein paar Schritte voraus. Und wie haben die Dänen das geschafft? Richtig: mit Ordnungsrecht. Im Neubau ist in Dänemark der Einbau von Öl- und Gasheizungen seit 2013 verboten. Ab 2016 müssen auch Altbauten auf Gas und Öl verzichten, sofern sie an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden können. Dänemark setzt seit vielen Jahren konsequent auf erneuerbare Wärme, Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung. 70 Prozent der Fernwärme stammen aus erneuerbaren Energien oder der Müllverbrennung.
Der Schlüssel zum Erfolg ist ein ambitioniertes Ordnungsrecht, also klare Vorgaben aus der Politik, die selbstverständlich sozial flankiert werden müssen. Anders werden wir es nicht schaffen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)