Plastikmüll eindämmen

Rede am 29.01.2015 zum TOP 15 Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN Freisetzung von Mikroplastik beenden, Drs. 18/3734

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, dieser Plenarsaal bis zur Kuppel komplett gefüllt mit Plastikmüll, und dann multiplizieren Sie das mit 24: Das allein ist die Menge Plastikmüll, die Schätzungen zufolge in der Nordsee treibt: 600 000 Kubikmeter. Dieser Müll wird kleingerieben, zerfetzt und landet als Mikroplastikpartikel in der maritimen Nahrungskette, also in Fischen usw. Hinzu kommen tonnenweise Mikroplastikpartikel, Kosmetika, die über geklärte Abwässer in Flüssen landen und in die Meere fließen.

Wenn Tiere diese Mikroplastikkügelchen aus Kosmetika und die Kleinstplastikteile aus Müll in sich aufnehmen, führt dies zu entzündlichen Veränderungen. Denn Mikroplastik kann toxische, krebserregende und hormonverändernde Substanzen enthalten, in sich aufnehmen und an seiner Oberfläche anlagern, allen voran Weichmacher, Kohlenwasserstoffe, Flammschutzmittel und Insektizide. Alles das befindet sich wie gesagt in der Nahrungskette und landet auch wieder auf dem Teller oder in den Mägen von Meerestieren. Wer einen Vogel, der solche Nahrung hatte, schon einmal auf einem Foto gesehen hat, der weiß, worum es da geht. Aber es ist ein jahrzehntelanges Prinzip: Probleme, die man nicht sehen kann, werden so lange ignoriert, bis sie existentiell oder irreversibel werden.

Mikroplastikpartikel in Kosmetika? Was haben die da eigentlich zu suchen? Als Schleifmittel, Füllstoffe oder Filmbildner gibt es seit geraumer Zeit ökologisch unbedenkliche Alternativen, und die gibt es schon lange. Trotzdem werden sie weiter verwendet, weil das eben wieder billiger ist.

Bei den großen Kosmetikkonzernen findet halt nur allmählich ein Umdenken statt. Das beruht weniger auf Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Umwelt als vielmehr auf der Angst vor Boykottaufrufen gegen ihre Produkte. Ich habe den Eindruck: Nur das hilft überhaupt. Es ist nämlich erst Umweltorganisationen und Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützern zu verdanken, dass es bei den Kosmetikherstellern allmählich zu einem Umdenken kommt. Da frage ich mich halt, warum dieses Problem wieder einmal nur über die Freiwilligkeit der Konzerne gelöst werden soll.

Ich meine, es muss Verbote geben. Wir wissen das. Ich kann mich erinnern, vor zwanzig Jahren haben wir hier die Debatte über hormonelle Einträge ins Grundwasser gehabt. Da ist auch nur über Freiwilligkeit gesprochen worden. Sehr viel passiert ist bis jetzt nichts. Also, da müssen wir eben Boykottaufrufe machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Während die Verbraucherinnen und Verbraucher aufgefordert sind, nur Kosmetika zu kaufen, in denen kein Polyethylen oder Polypropylen oder andere Kunststoffe enthalten sind, wäre das Problem ‑ ich sage es noch einmal ‑ ordnungsrechtlich wirklich lösbar. Denn man kann Dinge wirklich per Gesetz verbieten, dafür sind wir doch eigentlich auch gewählt worden. Das sagen uns unsere Wähler. Über alle Parteien hinweg wollen die das. Wir sagen: Wir wollen dieses Verbot, wir unterstützen euren Antrag.

Wenn Herr Gebhart sagt, das sei zu wenig, dann sage ich: Dann legt doch etwas anderes vor!

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dafür gibt es sicherlich Mehrheiten, für Plastiktütenverbot und so weiter. Da immer zu sagen, ja, da müssen wir auf Europa schauen, auf die Welt schauen und so weiter, immer zu warten, bis die anderen etwas machen, werden wir unserer Verantwortung, die wir haben, nicht gerecht. Dieser Verantwortung müssen wir jedoch wirklich gerecht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Unsere Wählerinnen und Wähler erwarten es.

Glauben Sie mir, ich kenne viele CSU-Wähler, die das genauso wollen wie die Linken-, die Grünen- und die Sozi-Wähler.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)