Kein Gentech auf Acker und Teller

Rede am 25.02.2015 zur Aktuellen Stunde auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haltung der Bundesregierung zu einem bundeseinheitlichen Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gentechnik, ja oder nein? – mit dieser Grundsatzfrage beschäftigen wir uns hier im Hause schon über viele Jahre. Ich denke, der Widerstand ist groß, und wir sind schon sehr weit gekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum möchte ich mich an dieser Stelle bei den vielen aktiven Menschen bedanken, die sich für den Schutz der Gesundheit, für die Umwelt und für die genetische Vielfalt der Natur in unserem Land einsetzen, sowie bei den vielen aktiven Bürgerinitiativen. Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Umgang mit der Gentechnikfrage – darum begrüße ich die Aktuelle Stunde hier – ist trauriger Beleg für den fatalen Politikstil dieser Bundesregierung.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) – Zuruf von der CDU/CSU: Weltfremd!)

Wie unklar die Große Koalition mit Fragen umgeht, die wirklich vielen auf den Nägeln brennen, wird hier wieder einmal deutlich. Sie reagieren einfach nicht auf die Sorgen der Leute. Ich teile da mit vielen das ungute Gefühl, dass die Menschen nicht mehr ernst genommen werden.

Die Ablehnung der Gentechnik geht mittlerweile durch alle Parteien. Umso verwunderlicher und umso dreister ist es, dass die Koalition hier nicht eindeutig handelt. Das aber erwarten wir und die Menschen vor Ort.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der Regierung sehe ich sogar wachsende Missachtung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, und ich sage einmal, warum. Es fängt beim Koalitionsvertrag an. Dort steht zu Grüner Gentechnik:

Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an.

Ihren Kindern sagen Sie dann also: „Wir erkennen eure Vorbehalte gegenüber der versalzenen Suppe an, aber auslöffeln müsst ihr das trotzdem!“

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vorbehalt ist – schauen Sie in den Duden – „geltend gemachtes Bedenken gegen eine Sache [der man sonst im Ganzen zustimmt]“. Zustimmung zur Gentechnik gibt es aber nicht. Ende Januar hat eine forsa-Umfrage gezeigt, dass Gen- und Klontechnik von 70 bzw. 71 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher abgelehnt wird. Wer da von Vorbehalten spricht, der zieht die Sorgen der Bevölkerung ins Lächerliche.

(Beifall bei der LINKEN – Marlene Mortler (CDU/CSU): Worüber redet die eigentlich?)

Im Koalitionsvertrag ist übrigens auch nichts zur Gentech-Freiheit zu finden, sondern es finden sich nur solche verschwurbelten Formulierungen wie:

An der Nulltoleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest …

(Zuruf der Abg. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Erst nicht ernst nehmen und dann auch noch veräppeln!

Da verplappert sich der Herr Wirtschaftsminister Gabriel auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos: Bei TTIP seien wir in Deutschland ein wenig „schwierig“, weil wir so „reich und hysterisch“ seien.

(Heiterkeit des Abg. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

So also redet der Vizekanzler über das Verfassungsprinzip „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich meine, da hat jemand wirklich die Hosen runtergelassen, meine Damen und Herren. Das ist eine ganz neue Form der Transparenz bei der SPD. Wir erleben hier eine Vertrauenskrise, und die Menschen vor Ort auch. Statt zu sagen: „Wir steigen aus. Basta!“, ist vom ominösen Opt-out die Rede.

Es geht hier um die Frage von Souveränität, und zwar von Staaten. In der Zulassungsphase bei Monsanto und Bayer betteln, ob man verschont wird – wo ist da eigentlich unsere Selbstachtung geblieben? Ich halte das wirklich für unwürdig. Wer macht denn so etwas im Ernst? Erst auf EU-Ebene genehmigen, und dann zwingende Gründe für eine Einschränkung vorzubringen – das wird vor Gericht schwierig. Aber dann wenigstens auf Bundesebene!

Herr Miersch, lieber Matthias, du hast im Mai 2014 noch Applaus von der Union bekommen, als du wörtlich fordertest, „dass ein nationales Parlament jederzeit von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen können muss“. Vor diesem Hintergrund, meine ich, sollten wir doch gemeinsamen kämpfen, dass es nicht zu einer „Bundesländer-Ausstiegsklausel“ und damit zu einer zersplitterten Rechtslage kommt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn dann können sich die Konzerne wirklich freuen. Statt einen können sie zwischen 16 Richtern wählen, frei nach dem Motto: Einer wird schon umfallen.

(Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einer wird gewinnen!)

Was uns ins Haus steht, wenn TTIP fertig geheimverhandelt ist, das steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Wir brauchen also dringend eine bundeseinheitliche Regelung.

Wenn Sie noch einen Restrespekt vor dem Bürgerwillen haben, dann verbieten Sie Gentechnik auf dem Acker, und zwar bundesweit!

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)