Was bringen die Klimakonferenzen, wird Eva Bulling-Schröter immer wieder gefragt. In der Tat, sei Optimismus kaum gerechtfertigt, angesichts global ansteigender Emissionen. Die LINKE fordere deshalb, CO2 als Umweltschadstoff zu definieren. Die Bundesregierung solle endlich wieder Mut zur Ordnungspolitik beweisen.
Rede am 04.12.2014 zum TOP 17 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Entscheidung der Konferenz von Doha vom 8. Dezember 2012 zur Änderung des Protokolls von Kyoto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Doha-Änderung des Protokolls von Kyoto) Drs. 18/3123 sowie Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD „Klimakonferenz in Lima zum Erfolg führen“ Drs. 18/3046 und Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Klimakonferenz von Lima als Wegbereiter für ein neues globales Klimaabkommen und eine nachhaltige globale Entwicklung nutzen“ Drucksache 18/3411
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder … Keine Angst, ich werde jetzt kein Weihnachtslied singen!
(Zurufe von der CDU/CSU und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schade!)
Nein, alle Jahre wieder, wenn wir Klimapolitikerinnen und Klimapolitiker zu den UN-Konferenzen fahren, bekomme ich – Sie sicher auch – dieselbe Frage gestellt: Lohnt sich denn überhaupt noch dieser weite Weg nach Lima, Bali, Durban oder Cancún? Die Fakten würden doch zeigen, so heißt es, dass die Klimadiplomatie am Ende ist.
Und in der Tat fällt es mir zunehmend schwerer, zu überzeugen; schließlich ist der globale Kohlenstoffausstoß von 1990 bis 2013 von 22 auf 36 Milliarden Tonnen im Jahr gestiegen. Auch nehmen die Emissionen jedes Jahr immer schneller zu. Die Gesamtemissionen werden 2020 weltweit doppelt so hoch sein wie noch vor 30 Jahren.
Jetzt steht also Lima auf dem Programm. Der Weltklimarat forderte zuletzt eine – ich zitiere – „aggressive“ Klimapolitik. Die Konferenz soll einen Vertragsentwurf vorbereiten, damit es in Paris im kommenden Jahr zum Nachfolgeabkommen des Kioto-Protokolls kommt. Von „Aggressivität“ heute aber keine Spur!
Die Anträge der Regierungskoalition und auch der Grünen sind stattdessen sonderbar optimistisch; so empfinde ich das.
(Frank Schwabe (SPD): Wo ist der Antrag der Linken?)
Da lobt der Grünen-Antrag das butterweiche Abkommen zwischen China und den USA. „Die internationale Agenda bestimmen inzwischen andere“, so heißt es dort. Ich bin ja auch für das Prinzip Hoffnung, aber China und die USA als gut für die Klimapolitik zu loben, das grenzt schon an Berufsoptimismus. Vielleicht brauchen wir den aber auch. Als ob eine Senkung der Emissionen der USA bis 2025 um 26 bis 28 Prozent, bezogen auf 2005, der große Durchbruch wäre!
(Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, genau! Und wir machen es bezogen auf 1990! Deswegen: Wir sind ambitionierter!)
Zu China will ich nur so viel sagen: Ein Viertel seiner Klimagase entfällt auf den Export. Dieser Anteil müsste also eigentlich den Ländern angerechnet werden, die Konsumgüter aus China importieren oder ihre Produktion dorthin verlagert haben. Erst 2030, also in nicht weniger als 16 Jahren, will Peking den maximalen Ausstoß erreicht haben. So ganz verstehe ich nicht, woher Ihr Optimismus kommt.
Über was für ein künftiges Abkommen reden wir überhaupt? Wie es derzeit aussieht, wird im Rahmen des Paris-Protokolls nur ein überaus schwacher Mechanismus verabredet werden – schwach darum, weil der Mechanismus weder einklagbare Verpflichtungen im Hinblick auf CO2-Reduktionen vorsieht noch Sanktionen bei Verstößen gegen das Abkommen geplant sind.
(Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Tja, das gibt es im Völkerrecht halt auch selten!)
Natürlich ist es gut und sinnvoll, dass überhaupt ein Abkommen zustande kommt; da sind wir uns sicher einig. Gut ist auch, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt; auch da sind wir uns einig. Allerdings sehen wir mit großen Bauchschmerzen, dass im Antrag der Regierungskoalition zwar völkerrechtliche Bindungen im Hinblick auf das 2-Grad-Limit, für Lima und Paris aber lediglich nationale Klimaschutzziele der Staaten gefordert werden. Das ist gut gemeint, aber zu kurz gesprungen, kann ich da nur sagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Noch ein Wort zu unseren nationalen Zielen. Hehre Klimaschutzziele auf dem Papier zu erklären, ist die eine Seite der Medaille; das wissen Sie. Die andere Seite der Medaille ist die Umsetzung. Unser Antrag, CO2 endlich als Umweltschadstoff zu definieren, steht heute nicht auf der Tagesordnung. Das haben Sie, die Koalition, verhindert.
Meine Damen und Herren, wenn Sie die USA schon loben, dann machen Sie es ihnen doch nach. Trauen Sie sich wieder Ordnungspolitik zu, setzen Sie sich durch, auch gegen den Koalitionspartner, und schreiben Sie die Klimaschutzziele verbindlich ins Gesetz!
(Beifall bei der LINKEN)
Dann haben Sie auch wieder eine frohe Botschaft für Lima und Paris.
(Beifall bei der LINKEN)