Tagebuch vom Klimagipfel: Tag 4

Eva kommt heute gegen Mittag. Das Chaos an den Eingängen ist unverändert, die Polizei gibt mittlerweile Tee aus. Es schneit und regnet abwechselnd, ein scharfer Wind weht. Der der Chef des deutschen Forums Umwelt und Entwicklung, Jürgen Maier, der gestern nach sechs Stunden aufgegeben hatte, erhält heute nach fünf Stunden in der Kälte seine Akkreditierung und damit Einlass. Die Wut ist im in die Stirn gebrannt. Alle sehnen sich nach dem netten und hervorragend organisierten UN-Klima-Gipfel in Poznan vor einem Jahr zurück.

Ab jetzt schreibt Eva:
Mich rettet der Diplomatenpass. In einer Stunde bin ich akkreditiert. Wir eilen sofort zum Treffen der deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen (NGOs) mit den für Klimaschutz verantwortlichen Abgeordneten der Fraktionen des Bundestages. Unterwegs bekomme ich ein „Corbon Cake“ von einer Umweltorganisation, die kritisch zum Treibhausgas-Emissionshandel steht.

Die NGO-Vertreter teilen uns ihre Sorge mit, dass der Gipfel zu Scheitern droht. Die Gründe: Die USA und China blockieren, die EU pokert (genaueres siehe Presseerklärung). Leider muss ich nach 10 Minuten die Versammlung verlassen. Umweltminister Röttgen bittet mich als Vorsitzende des Umweltausschusses neben ihm und der parlamentarischen Staatssekretärin Katarina Reiche im Plenarsaal Platz zu nehmen. Es reden unter anderem Prinz Charles, der UN-Generalsekretär, Ban Ki-moon, die kenianische Friedens-Nobelpreisträgerin Wangari Maathai und die dänische Umweltministerin und Präsidentin der UN-Klimakonferenz Connie Hedegaard.

Ungefähr zeitgleich wird vor dem Konferenzgelände der deutsche Umweltaktivist Tadzio Müller von dänischen Zivilpolizisten beim Verlassen des Bella Centers verhaftet. Einmal mehr macht die dänische Polizei von den extra anlässlich der Konferenz verschärften Sicherheitsgesetze (bekannt unter „Lümmel-Gesetze“) Gebrauch. Vorbeugende Verhaftungen von fast 1000 Demonstranten gab es schon am Samstag. Mit dem Festsetzen eines der führenden Köpfe des Protestes ohne erkennbaren Grund hat die Eskalation gegen die KritikerInnen des Klimagipfels nun eine neue Stufe erreicht. Das ist eine Einschränkung der Demonstrationsfreiheit und Schande für den Gipfel.