Misereor im Bundestag: Deutsche Kohleförderung in Südafrika

Misereor über das deutsche Geschäft mit der Kohle Südafrikas im Bundestag (Foto: Privat)

Misereor besucht den Bundestag: Über das deutsche Geschäft mit der Kohle Südafrikas (Foto: Privat)

Bei einem parlamentarischen Frühstück hat das Bischöfliche Hilfswerk Misereor eine Studie zur deutschen Mitverantwortung für Menschenrechte in der Kohlewirtschaft von Südafrika vorgestellt.

Auf 75 Seiten (Titel: “Wenn nur die Kohle zählt”) wird dank intensiver Recherchen der StudienautorInnen Melanie Müller und Armin Paaschund vor Ort und Gesprächen mit betroffenen Anwohnerinnen anschaulich beschrieben, wie schwerwiegend die Folgen des Steinkohleabbaus und seiner Verbrennung für die Stromgewinnung auf Wasser, Nahrung und Gesundheit der zumeist armen Menschen in dem afrikanischen Schwellenland sind. Und wie eng deutsche Akteure an den vom staatlichen Energiekonzern Eskom betriebenen Kohlekraftwerken Kusile (Provinz Mpumalanga) und Medupi (Limpopo) beteiligt sind und den Bau neuer Kohlekraftprojekte überhaupt erst möglich machen.

Deutsche Firmen und ihre Beteiligung am Kohlebusiness in Südafrika (Foto: Screenshot Studie Wenn nur die Kohle zählt, Melanie Müller und Armin Paasch, Misereor 2016)

Deutsche Firmen und ihre Beteiligung am Kohlebusiness in Südafrika (Foto: Screenshot Studie: Wenn nur die Kohle zählt, Melanie Müller und Armin Paasch, Misereor 2016)

Sowohl die Bundesregierung für die Vergabe von Exportkreditgarantien (durch Euler Hermes und Price Waterhouse Cooper) für deutsche Firmen als auch die öffentliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) IPEX-Bank über Kredite sind in den letzten Jahren bei Kohleprojekten immer wieder in die Kritik geraten. “Auch vor dem Hintergrund der erheblichen Risiken der Projekte Kusile und Medupi für die Bevölkerung vor Ort stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung der Finanzierung”, so die Studie des weltweit größten Entwicklungshilfswerk der katholischen Kirche.

Geförderte Unternehmen aus Deutschland sind Rheinmetall Defense Electronics, Hitachi Power Europa, AIC, Clyde Bergemann, Bilfinger Berger, Steag Energy Services, BWF Group und Pro Therm (Kraftwerk Medupi). Am Kraftwerk Kusile verdienen INP International, Hitachi Power Europe, Clyde Bergemann, Bilfinger Berger, Steag Energy Sercives, Siemens, IMR Anlagebau und die BWF Group mit.

Aber auch die großen deutschen Energieunternehmen profitieren von Südafrikas Kohle und befeuern ihre Kraftwerke mit importierter Steinkohle. EnBW bezog 2014 37 Prozent (2,13 Mio. Tonnen), EON rund zwei Millionen Tonnen, RWE 22,1 Prozent, Vattenfall sechs Prozent (für Meiler in Deutschland, Niederlande und Dänemark) und STEAG zwei Prozent seiner Gesamtimporte vom Kap der guten Hoffnung.

Steinkohleimporte aus Südafrika (Screenshot Studie: Wenn nur die Kohle zählt, Melanie Müller und Armin Paasch, 2016, Misereor)

Steinkohleimporte aus Südafrika (Screenshot Studie: Wenn nur die Kohle zählt, Melanie Müller und Armin Paasch, 2016, Misereor)

Misereor hat die Studie vor dem Hintergrund der Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen und der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte in Auftrag gegeben und auch eine eigene Position entwickelt.

Das Fazit des parlamentarischen Frühstücks zeigt den dringenden politischen Handlungsbedarf auf: Die deutsche Regierung und deutschen Unternehmen kommen ihrer menschenrechtlichen Verantwortung im Kohlesektor Südafrikas nur mangelhaft nach. Die Ergebnisse verdeutlichen angesichts der schon heute deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels in Südafrika, dass “der Kohlesektor nicht zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt und kein Zukunftsmodell darstellt.” Auch das regelmäßig von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaftsseite angebrachte Argument, der Kohlesektor schaffe viele Arbeitsplätze, wurde von der anwesenden Studienautorin Melanie Müller relativiert. Viele Familien seien in die Nähe der Kraftwerke gezogen, Arbeit hätten sie aber keine bekommen, weil häufig Arbeiter aus benachbarten Ländern angestellt würden.

Die Linke hat zu Menschenrechten, Rohstoffen und globalen Lieferketten in mehreren Anträgen (hier und hier) mehr Verantwortung für im Ausland agierende Unternehmen gefordert. Unter anderem fordert sie von der Bundesregierung ein Gesetz, dass u.a.:

– den deutschen Unternehmen, die im Ausland produzieren oder produzieren lassen, menschenrechtliche und umwelttechnische Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette verbindlich auferlegt

– eine zivilrechtliche Haftung für Menschenrechtsverstöße ausbaut und die Unternehmen, die im Ausland produzieren oder produzieren lassen, dazu verpflichtet, für Menschenrechtsverletzungen ihrer Subunternehmen und Zulieferer zu haften, sofern sie Sorgfaltspflichten bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner missachtet haben.