Der zweite Tag ist ein sehr heißer Tag. Beim morgendlichen Briefing der deutschen Verhandlungsteams wird schnell klar: Die Verhandlungen zur konkreten Umsetzung des Pariser Klimaabkommens sind im Wüstensand verlaufen.
Normalerweise werden wichtige Entscheidungen zur Zukunft der globalen Klimapolitik in der ersten Konferenzwoche vorverhandelt. Um dann Streitfragen in der zweiten Woche, dem High-Level-Segment, zwischen StaatschefInnen und MinisterInnen auszukungeln. Im Königreich Marokko aber zählt das Wort des Königs. Und weil der schon mal eine Marrakesch-Erklärung hat aufschreiben lassen und für gut befunden hat, steht die Deklaration der 22. Vertragsstaaten-Klimakonferenz und die erste Abschlusserklärung zum Pariser Klimaabkommen schon jetzt so gut wie fest.
Ob es uns gefällt oder nicht: Andere Länder, andere Sitten eben (zum genauen Inhalt dann morgen mehr, versprochen). Den gestrigen Abend verbringe ich mit KlimazeugInnen aus aller Welt. Das evangelische Dritte-Welt-Hilfswerk lädt Männer und Frauen aus ihren Projekten schon seit fünf Jahren zu den Klimakonferenzen, viele von ihnen kenne ich schon aus Warschau, Lima, Paris … Ein angenehmer Termin im pickepacke vollen Abgeordneten-Kalender. Eine junge Frau aus Nicaragua berichtet von den ganz alltäglichen Folgen des Klimawandels für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, die immerhin rund 80 Prozent der Mahlzeiten in der mittelamerikanischen Nation sicherstellen.
Immer mehr verschieben sich durch den Klimawandel die Jahreszeiten, Trocken- und Regenzeiten sind neu zu berechnen. Eine solche Hilfe nennt sich im UN-Sprech »Anpassung«, doch es fehlt wie immer am Geld. Die Industrieländer haben ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar an Klimageldern versprochen, die sie in den globalen Süden zahlen sollen. Doch der eigens dafür eingerichtete Grüne Klimafonds finanziert bisher vor allem CO2-Reduzierung – also den Bau von Windkraft-Parks und Solarenergieanlagen.
Damit wird ja auch ein Geschäft gemacht mit. Immerhin wird Strom produziert, der mit Gewinn verkauft wird. Mit Anpassung, dem Bau von Deichen gegen Fluten bei übertretenden Flüssen etwa, ist die Profitrate hingegen nicht so hoch.
Bei einem Treffen heute mit den beiden Promi-Klimawissenschaftlern Hans-Joachim Schellnhuber und Ottmar Edenhofer aus Deutschland geht es um deren Einschätzung zum Einfluss von Trump aufs Weltklima. Nicht nur ein möglicher Austritt aus dem Pariser Abkommen macht Sorgen. Vor allem das angekündigte Konjunktur-Programm des Immobilien-Moguls im Weißen Haus lässt die Politanalysten zittern. Mehr Straßen, Flughäfen, Häfen und Häuser würde der Milliardärspräsident mit der Aufnahme von Staatsschulden finanzieren. Das würde der Niedrigzinspolitik in den USA, aber auch in Europa ein Ende bereiten, klamme Staaten wie Italien weiter straucheln lassen. Und wo werden die Billionen an freiem Kapital künftig angelegt? Das Land mit den meisten flüssigen Geld ist derzeit: China.
Die Jackpot-Frage fürs Klima lautet daher: Werden die Chinesen in das schmutzige Betongold von Trump investieren? Oder kann die EU mit einer ökologischen Infrastrukturwende das Geld des gelben Riesen anziehen? Eins ist klar, solange CO2 weiter so gut wie kostenlos in die Atmosphäre gepustet werden kann, solange haben es klimafreundliche Alternativen schwer. Die ewige Karawane des Kapitals wird weiterziehen, solange wir im Kapitalismus leben. Die entscheidende Frage aus Sicht der linken Klimapolitikerin: In welche Richtung wird gewandert, wem bringt sie Wohlstand und wer zahlt den Preis dafür?