Uraltes Bergrecht endlich reformieren

Rede im Bundestag – 19.03.2014

Tagesordnungspunkt 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Annalena Baerbock, Julia Verlinden, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Urteil des Bundesverfassungsgerichts ernst nehmen – Bundesberggesetz unverzüglich reformieren Drucksache 18/848

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das geltende Bundesberggesetz von 1980 ist im Kern noch das Bergrecht aus der Nazizeit, insbesondere die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel, die es praktisch unmöglich macht, zwischen den Interessen von Bürgerinnen und Bürger und denen, die Rohstoffe aufsuchen möchten, abzuwägen. In der vergangenen Legislaturperiode haben Linke und Grüne in jeweils eigenen Anträgen den ersten Anlauf seit Jahrzehnten unternommen, das Bergrecht grundsätzlich zu reformieren. Leider sind wir damals an der Mehrheit gescheitert. Grundfrage aber ist und bleibt: Soll das Bergrecht die Rechte der Menschen, die vor Ort leben, und die der Natur auf ewige Zeiten brechen können? Oder leben wir inzwischen in einer Zeit, in der Ressourcen als endlich angesehen werden und insbesondere im Energiebereich Alternativen vorhanden sind? Hat die Bundesrepublik ein neues Verständnis darüber erlangt, wie mit Bürgerinnen und Bürgern umzugehen ist?

Wir unterstützen den Grünen-Antrag, fordern aber darüber hinaus einen Nachweis, ob Bergbauvorhaben erforderlich sind, sowie eine Prüfung von Alternativen. Der Vorhabenträger müsste dann nachweisen, dass ein unabweisbarer volkswirtschaftlicher Bedarf für den Rohstoff besteht und der Abbau wirklich notwendig ist. Dieser Nachweis dürfte bei vielen Braunkohlevorhaben, die gegenwärtig diskutiert werden, kaum zu erbringen sein; denn glücklicherweise wächst die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien rasant. Darum braucht diese klimaschädliche Kohle spätestens ab 2040 – wahrscheinlich schon weit früher – niemand mehr. So hält unsere Bundestagsfraktion beispielsweise Welzow II in Brandenburg für nicht erforderlich; das sagt auch das DIW. Garzweiler II halten wir im Übrigen für genauso überflüssig. (Beifall bei der LINKEN)

Die Kohle wird nicht gebraucht. Die erneuerbaren Energien und Gaskraftwerke sind die einzig richtige und machbare Alternative. Die damals von Linken und Grünen eingebrachten Anträge unterschieden sich voneinander; sie hatten jeweils eine etwas andere Philosophie. Das gilt auch für den heute vorliegenden Grünen-Antrag. Gemeinsam ist Grünen und Linken jedoch die Kernforderung, den automatischen Vorrang des Abbaus von Rohstoffen vor allen anderen Interessen zu beenden. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dafür soll künftig unter anderem ein Planfeststellungsverfahren mit UVP, also einer Umweltverträglichkeitsprüfung, an die Stelle der bisherigen Verfahren treten. Zudem sollen Abbaurechte erst dann an Unternehmen verliehen werden, wenn ein Abbau in einem demokratischen Verfahren beschlossen wurde, und zwar unter Abwägung aller Interessen und nach einer sorgfältigen Umweltverträglichkeitsprüfung, und keinen Tag vorher. Zu einem demokratischen Ablauf gehören mehr Transparenz und mehr Beteiligungs- und Klagemöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger sowie für Verbände und Kommunen.

Wir wollen auch, dass in Haftungs- und Entschädigungsfragen künftig die Position der Anwohnerinnen und Anwohner deutlich gestärkt wird. Würden die Forderungen von Linken und Grünen in die Tat umgesetzt, hätten die Bürgerinnen und Bürger zudem erstmals eine realistische Chance, Abbauvorhaben gerichtlich überprüfen zu lassen. Gemeinden, betroffenen Anwohnern und Umweltverbänden stünde auch dann der Klageweg offen, wenn es um Fragen der Bedarfsfeststellung oder der Umweltauswirkungen insgesamt ginge. Anerkannte Umweltorganisationen beispielsweise sollten also im Verfahren nicht nur um den reinen Naturschutz streiten können, sondern auch um den Wasserhaushalt oder den Klimaschutz.

Noch ein Satz zum Antrag der Grünen, der auch das Thema Fracking aufgreift, was mich sehr freut. Die im Antrag enthaltene Position verstehe ich als Verschärfung Ihrer bisherigen Position in Bezug auf das Thema Fracking. (Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist unser Wahlprogramm!)

Als die Linke vor zwei Jahren einen Antrag auf Verbot von Fracking in Deutschland einbrachte, haben die Grünen dem nicht zugestimmt. (Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da wollten Sie Fracking verbieten und dann erklären, wie es geht! Da konnten wir nicht zustimmen!)

Sie wollten nur ein Moratorium von Fracking prüfen. Ich würde es begrüßen, wenn sich das Meinungsbild der Grünen hier dem unseren angenähert hätte. Danke schön. (Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund (CDU/CSU): Davon wird es aber auch nicht besser!)