Bei Kraftstoffen aus Strom falsch abgebogen

Foto: Kurt / pixelio.de

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Rede zu Protokoll am 27.04.2017 TOP 36 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) zu der Verordnung der Bundesregierung

Siebenunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen und mitverarbeiteten biogenen Ölen auf die Treibhausgasquote – 37. BImSchV)

Drucksachen 18/11283, 18/11472 Nr. 2.1, 18/12152

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Verordnung soll aus Ökostrom hergestellte synthetische Kraftstoffe anrechenbar machen auf die seit dem Jahr 2015 im Kraftstoffsektor geltende Treibhausgasquote. Das klingt zunächst logisch, weil solcherart Kraftstoff nicht fossilen Ursprungs ist, sondern letztlich auf Ökostrom basiert.

Leider hat die Sache einen Haken. Denn strombasierte Kraftstoffe sind nur extrem aufwändig herstellbar. Da macht uns die Physik einfach einen Strich durch die Rechnung.

Ich zitiere mal zwei relevante Studien:

  1. Das „Klimaschutzszenario 2050“ im Auftrag des BMUB kommt auf Seite 213 zu dem Ergebnis:

„Die Herstellung stromgenerierter Kraftstoffe ist mit hohen Wirkungsgradverlusten verbunden … Vergleicht man die Verbrennung stromgenerierter Kraftstoffe in einem Verbrennungsmotor mit dem direkten Einsatz von Strom im Elektromotor, so ist der Strombedarf für die erste Variante rund 6 Mal so hoch. Der direkte Einsatz von Strom im Verkehr über den Elektromotor ist daher wo immer möglich zu priorisieren.“

  1. Und die Umweltbundesamt-Studie „Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050“, schreibt auf Seite 104:

„Aufgrund der direkten Stromverwendung ist bei der Verwendung von EE-Strom der Wirkungsgrad von der Primär- zur Nutzenergie im Vergleich mit dem Einsatz von strombasierten EE-Kraftstoffen in Verbrennungsmotorkonzepten um etwa den Faktor vier höher.“

Da Ökostrom aber ein ausgesprochen knappes und wertvolles Gut ist, sehen wir diese Anrechenbarkeit kritisch.

Denn eine Strategie, die nicht auf eine Verkehrswende und auf einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor setzt, sondern Unmengen von Ökostrom verlustreich in flüssige Kraftstoffe verwandeln will, ist unserer Ansicht nach nicht effizient und kaum zukunftsfähig. Dabei muss Effizienz erster Maßstab sein. Ansonsten wächst der zusätzliche Bedarf an Ökostrom genauso ins Unermessliche wie die Kosten. Und dies schadet der Energiewende.

Aber auch aus Akzeptanzgründen darf man Ökostrom nicht verschwenden, denn diese Methode in größeren Stil würden letztlich höhere Akzeptanzprobleme erzeugen – wir haben jetzt schon regional Antiwindkraftproteste wachsenden Ausmaßes.

Es ist in Ordnung, wenn in zeitweisen Netzengpassgebieten mit der Sektorkopplung experimentiert wird. Wir sollten aber nicht so tun, als gäbe es heute schon Ökostrom im Überfluss. Zwei Drittel des Strombedarfs werden nach wie vor mit fossil-atomaren Strom gedeckt.

Ferner sollen mit der Verordnung künftig biogene Öle – etwa Rapsöle – auf die seit dem Jahr 2015 geltende Treibhausgasquote auch dann anrechenbar sein, wenn sie gemeinsam (und nicht getrennt) mit klassischen Mineralölen hydriert worden sind, um daraus Diesel zu machen. Diese Regel sehen wir ebenfalls kritisch. Denn sie wird die zentralistische Großproduktion von Biodiesel erleichtern. Aber auch das ist eine Sackgasse, denn die Flächen sind begrenzt und die Treibhausgas-Bilanz von Biodiesel ist fraglich, wenn man auch indirekte Effekte einbezieht. Zudem könnten auch mehr und mehr Palmöle untergemixt werden, was ja ohnehin schon in wachsendem Maße geschieht. Das ist ja vermutlich bekannt, zu welchem Kahlschlag die Palmölproduktion in Ländern wie Indonesien und Malaysia führt. Unser riesiger Hunger nach Palmöl darf nicht noch steigen.

Wir lehnen daher diese Verordnung ab.