Dekarbonisierung auf Klimakonferenz, nur ein leeres Versprechen?

Rede am 12.11.2015 zum TOP 9

Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Klimakonferenz in Paris muss ehrgeiziges Abkommen beschließen Drs. 18/6642

Beratung des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Auf der Klimakonferenz in Paris die Weichen für mehr Klimaschutz und globale Gerechtigkeit stellen Drs. 18/6648

Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE Deutscher Beitrag zu den UN-Klimaverhandlungen – Kohlendioxid als Umweltschadstoff definieren, Betriebszeiten von Kohlekraftwerken begrenzen Drs. 18/3313

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir den Antrag der Regierungskoalition angeschaut. Er liest sich erst einmal ganz ordentlich: In das neue Klimaabkommen von Paris sollen weltweit verbindliche Klimaziele – ich sage: Das ist sehr richtig – unterlegt mit nationalen Verpflichtungen – das gefällt mir auch. Im Antrag steht: „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe des Jahrhunderts“. Das ist gut. Bis 2050 soll der Umbau der Energiewirtschaft angestrebt, also raus aus der Kohle gegangen werden – auch in Deutschland.

Das alles ist sehr lobenswert. Das sind die Versprechen des G-7-Gipfels in Elmau, und diese Forderungen sind gar nicht so weit weg von denen in unserem Antrag.

Auch die Linke will den Ausstieg aus Kohle und Öl.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen das letzte Kohlekraftwerk aber 2040 abschalten. Es ist ganz wie beim Atomausstieg: In ökologischen Fragen sind wir Ihnen mal wieder zehn Jahre voraus.

(Beifall bei der LINKEN)

Je mehr es in Ihrem Antrag aber um die konkrete Verantwortung der Bundesregierung auf nationaler Ebene geht, desto schwammiger wird Ihr Klimafahrplan für Paris; denn es ist eine Sache, etwas festzustellen, etwas ganz anderes ist es, zu handeln, und das müssen wir.

Handeln sollten gerade Sie. Sie stellen nämlich die Regierung und nicht wir. Ich muss Ihnen aber sagen: Sie machen Ihre Hausaufgaben einfach nicht. Der Antrag bedeutet nur heiße Luft, und darum lehnen wir den Antrag auch ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen: Das ist für Paris zu wenig und eigentlich auch peinlich. Der Antrag enthält nicht einen Deut an Verbindlichkeit. Es werden Aktionsprogramme, Aktionspläne und Evaluierungen gefordert, und das war es.

Wo ist denn die alte SPD-Forderung nach einem Klimaschutzgesetz? Das hätten wir unterstützt, und zwar sofort; das wisst ihr.

(Beifall bei der LINKEN)

Wo ist die Forderung nach einem unabhängigen Expertengremium, das Klimaschutzziele kontrolliert und Vorschläge für neue Maßnahmen vorlegt? Auch das hätten wir unterstützt.

Wo ist die Forderung, dass die internationale Klimaschutzfinanzierung neu, zusätzlich und aufwachsend sein muss, anstatt sie mit der knappen Entwicklungshilfe zu verrechnen?

Stattdessen liest sich der Forderungsteil wie eine Broschüre des BDI oder von VW, wenn Sie verstehen, was ich damit meine.

(Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): So ein Blödsinn!)

Dabei wissen Sie doch genauso gut wie ich, dass hier der Gesetzgeber gefragt ist und nicht zahnlose Aktionsprogramme, die dann von der Kohlelobby gerupft werden.

Solange Strom aus Kohle und Wärme aus Öl ein gutes Geschäft sind, kann Dekarbonisierung nur ein leeres Versprechen bleiben, und solange die Entwicklungsländer Verlierer des Klimawandels sind, werden die Regierungen erst die Armut bekämpfen und dann in erneuerbare Energien investieren. Ohne intelligente öffentliche Regelungsmechanismen wird die Wirtschaft keinen Klimaschutz betreiben und werden sich die Finanzminister vor einer allzu verbindlichen Klimaschutzfinanzierung drücken, wie jetzt Schäubles Ministerium.

Die Linke hat für Paris konkrete Vorschläge im Gepäck. Schauen Sie einfach mal in unseren Antrag, damit Sie verstehen, wie Klimaschutzpolitik aussehen kann, die ihren Namen auch verdient.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt kommt es: Über das Bundes-Immissionsschutzgesetz wollen wir erstens das Verschmutzungsprivileg von Kohle bei der Stromerzeugung aufheben und CO2 als Umweltschadstoff definieren. Die USA sind diesen Schritt schon gegangen. In den USA gibt es längst höhere Quecksilberobergrenzen für Kohlekraftwerke als in Deutschland. Ihren Spezis könnten Sie es doch einmal nachmachen.

Mit einem Kohleausstiegsgesetz wollen wir zweitens nicht nur ein Verbot neuer Kohlekraftwerke, wir wollen auch die Betriebszeiten alter Kohlekraftwerke beschränken.

(Beifall bei der LINKEN)

2040 würde dann das letzte Stück Kohle für unsere Energieversorgung verfeuert.

Eines möchte ich Ihnen abschließend sagen: Mit einem Klimaschutzgesetz oder Kohleausstiegsgesetz hätten RWE und Co. für ihre alten Kraftwerke keine Milliardenablöse bekommen. Hier hat die Bundesregierung eine Scheckbuchpolitik betrieben, aber mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger, die jetzt für die deutsche Klimaschutzlücke blechen müssen. Es müssen also wieder die Bürger zahlen. Da kann man noch so viele Onlinekampagnen für Klimaschutz starten: Diese Politik sorgt dafür, dass die Menschen Klimaschutz als Belastung statt als Chance sehen. Und das darf auf keinen Fall passieren. Wir müssen die Akzeptanz steigern und dürfen die Bürger nicht immer mehr belasten.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))