Bundestag blickt auf Pariser Klimagipfel

Rede am 04.12.2015 zum TOP 24 Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks zur UN-Klimakonferenz in Paris

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Bundestag heute über die Klimakonferenz in Paris debattiert, geht es nicht nur um CO2-Minderung, INDCs, also nationale Klimabeiträge, und UN-Mechanismen.

Bevor ich auf unsere Anträge eingehe, will ich am Beispiel meines Wahlkreises Ingolstadt ganz konkret machen, was Klimawandel heißt. Bei mir in Bayern droht bis Ende des Jahrhunderts ein Temperaturanstieg um bis zu viereinhalb Grad Celsius. Im Sommer wird es mehr als 30 Hitzetage über 30 Grad geben, heute sind es im Durchschnitt 5. Ab 2060 gibt es bis zu 60 Schneetage weniger im Jahr – da nutzen auch die Eiskanonen nichts mehr – und kaum noch Eistage, also Tage, an denen die Temperatur konstant unter null Grad liegt. Was das für Landwirtschaft, Tourismus und Gesundheit heißt, können wir uns alle vorstellen. Das ist ja auch nicht neu. Aber wir alle hier werden das Ende des Jahrhunderts nicht mehr erleben.

Im globalen Süden ist der Klimawandel schon jetzt Alltag. Bei einer Erwärmung um 1,5 Grad sterben die Korallenriffe, ganze Inselbevölkerungen verlieren ihre Heimat, Dürren machen die Armutsbekämpfung zunichte, und der Syrien-Krieg, heißt es, sei durch den Klimawandel verschärft worden. Auch diese Folgen kennen wir.

Natürlich spielt auch in Deutschland das Wetter verrückt, schon heute. 2015 wird wohl das wärmste Jahr überhaupt. Die Deutsche Bahn hat erstmals wieder Verluste eingefahren, insbesondere wegen Mehrkosten durch Unwetterschäden. Dass der Klimawandel in unserem Land angekommen ist, das bezweifelt niemand mehr; vielleicht noch einige Hinterbänkler der CDU/CSU, die trotz Physikstudium die Naturwissenschaften weiter in Zweifel ziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da kann ich nur sagen: Hören Sie Ihrer Regierung gut zu, liebe Kollegen der Union. Die Gegner der Energiewende sitzen in Ihren Reihen.

Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses schimpft mit Blick auf den Klimaschutz über eine „grüne Ideologie“ und „exzessive Milliardenkosten“. Ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender sieht eine Bedrohung für unseren „guten Lebensstandard“ und einen „tödlichen Irrweg“. Ja, wo sind wir denn? Sie müssen sich davon distanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Lieber Herr Ramsauer, lieber Herr Vaatz – beide sind natürlich nicht anwesend -, auch Sie müssen den Schuss hören. Sie müssen sich die Rede der Kanzlerin in Paris anhören, damit Sie wenigstens ein bisschen verstehen. Nicht zu viel Klimaschutz ist Ressourcenverschwendung, wie Sie behaupten: Zu wenig Klimaschutz ist Ressourcenverschwendung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat heute zwei Entschließungsanträge eingebracht. Auf internationaler Ebene brauchen wir echte Verbindlichkeit, aber die wird es in Paris leider nicht geben. Darum brauchen wir hier in Deutschland ein Klimaschutzgesetz, das die Klimaschutzziele verbindlich festlegt. Dann ist endlich Schluss mit den KfW-Krediten für neue Kohlekraftwerke im Ausland. Die müssen endlich gestoppt werden!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und dann kann der Klimaschutz auch nicht mehr durch TTIP und CETA ausgehebelt werden; das steht in der EU-Resolution.

Auch der Fahrplan für einen weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien wird auf der Konferenz von Paris nicht geliefert werden. Darum müssen wir ein Kohleausstiegsgesetz auf den Weg bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Spätestens 2040, am besten schon 2035, muss Schicht im Kohleschlot sein. Da sind wir ganz auf der Linie von Frau Umweltministerin Hendricks. – Vielen Dank für diesen Vorstoß.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann wäre auch Schluss mit neuen Umweltsauereien wie denen, die jetzt wieder auf der Agenda stehen wie CCS oder wie die geplante Umstellung der Betriebsfeuerung aller Asphaltmischanlagen in Deutschland auf Braunkohle. Auch das lehnen wir natürlich ab.

Worum geht es jetzt in Paris? Wir sehen das Ringen zwischen den Bevölkerungen: Bevölkerungen im Süden, die sich aus der Armut befreien wollen, und Bevölkerungen im Norden, die nicht ärmer werden wollen. Deshalb brauchen wir Klimagerechtigkeit, Climate Justice. Die halten wir für dringend notwendig. Deshalb muss die EU etwas tun. Deshalb brauchen wir ambitionierte EU-Klimaziele, und wir brauchen eine verbindliche Klimafinanzierung.

Zum Schluss: Papst Franziskus sagt – ich zitiere -: Dieses System tötet. – Deshalb brauchen wir soziale Gerechtigkeit und Umverteilung. Diese Umverteilung wird es im Kapitalismus aber nie geben; denn sie ist In seinem System nicht vorgesehen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)