Das Klima lässt sich nicht überlisten

Rede am 29.01.2015 zum TOP 14 Beratung des Berichts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgeabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der Geschäftsordnung Technikfolgeabschätzung (TA) Climate Engeneering, Drs. 18/2121

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich bei den Wissenschaftlern des Büros für Technikfolgen-Abschätzung für den Bericht bedanken,

(Beifall des Abg. René Röspel (SPD))

einen Bericht, der sehr lesenswert ist, für alle Klimabewegten ein Muss.

Worum geht es bei Climate Engineering? Ich denke, das ist ganz schnell erklärt: Mit technischen Eingriffen in das globale Klima soll die Erderwärmung gestoppt werden. Diese einfache Idee steckt hinter dem Begriff. Für manche Wissenschaftler, Politiker und Manager von Energiekonzernen ist das anscheinend ein sehr betörender Gedanke. Mit technischen Eingriffen, nämlich durch das Versprühen von Schwefelpartikeln in der Atmosphäre, soll die Sonne verdunkelt und dadurch die Erde abgekühlt werden. Und mit technischen Eingriffen, nämlich durch das Einleiten von Chemikalien in die Ozeane, soll das Wachstum von Algen beschleunigt werden, damit diese mehr klimaschädliches CO2 aufnehmen. Eine Journalistin des RBB hat es so kommentiert:

Die Idee scheint verlockend. Anstatt seine Gewohnheiten zu verändern, um die Erderwärmung zu stoppen, könnte der Mensch das Klima einfach künstlich überlisten. Ein bisschen Gott spielen.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass sich die Öffentlichkeit, genau wie die Linke, vor diesen Frankenstein-Klimaingenieuren gruselt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden uns aber nicht nur fürchten. Die Linke wird sich auch in Zukunft gegen das Rumschrauben am Weltwetter stellen, Vorhaben beobachten und sich notfalls für Verbote einsetzen – auch bei CCS, das Frau Umweltministerin Hendricks jüngst leider wieder ins Spiel gebracht hat.

(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das ist aber hier nicht Thema, Frau Kollegin!)

Eigentlich reden wir heute nicht über Klima; es geht um die Beherrschbarkeit von Technik. Ich kann Ihnen sagen: Ich bin keine Technikfeindin; Umweltschützerinnen und Umweltschützern wird das ja ständig vorgehalten. Ich habe in einem hochtechnisierten Unternehmen gearbeitet, für einen Maschinenbauer aus meiner Heimat Ingolstadt, der Baumwollspinnereimaschinen herstellt.

(Manfred Grund (CDU/CSU): Da sind wir wieder beim Aralsee!)

Wir alle sind von Technik, die unser Leben erleichtert, umgeben. Aber lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Climate Engineering birgt zu viele Risiken. Warum? Es gibt zu viele unbekannte Variablen im Hinblick auf das Klima, das Wasser, die Luft, den Untergrund, den Menschen, für Flora und Fauna. Das Klima ist ein hochkomplexes System. Es ist keine Klimaanlage, die man einfach an- und abstellt.

Ich möchte zwei Stimmen zu Wort kommen lassen. Erstens, zur Vorhersagbarkeit. Sie kennen die Fragestellung des US-Meteorologen Edward Lorenz – es ist eine interessante Frage -: Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen? Ja, er kann. Das Weltklima ist kein lineares System wie eine Maschine oder ein Lichtschalter. Die Verfechter der Sonnenstrahlungsbeeinflussung durch Schwefelpartikel setzen vor allem auf Computermodelle. Lorenz würde darüber den Kopf schütteln. Klima und Wetter sind chaotisch, Eingriffe nicht berechenbar. Alles andere ist gefährliche Hybris.

Zweitens, zur Zielstellung. Statt, wie es die Linke fordert, einen Kohleausstieg einzuleiten und auf Erneuerbare umzusteigen, bliebe unsere fossile Lebensweise unangetastet. Darum schließe ich mit Albert Einstein. In seinem gerne vergessenen Aufsatz „Warum Sozialismus?“

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

erklärt der vielleicht wichtigste Wissenschaftler der Moderne, man solle sich davor hüten, „die Wissenschaft und wissenschaftliche Methoden zu überschätzen, wenn es um Menschheitsprobleme geht“. An anderer Stelle schreibt er:

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)