Profite zu Lasten der Bürger

Rede im Bundestag – 23.05.2014

Tagesordnungspunkt 20 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen Drucksache 18/1449

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der hier zur Debatte stehende Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Besonderen Ausgleichsregelung für stromkosten- und handelsintensive Unternehmen betrifft nur einen winzigen Teilaspekt des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Dieser Teilaspekt wurde aber von Minister Gabriel von Beginn an als Lokomotive benutzt, um einen enormen und völlig unnötigen Zeitdruck auf die gesamte EEG-Reform aufzubauen.

Ich erinnere daran, wie das damals im Dezember war: EU-Wettbewerbskommissar Almunia leitete das Verfahren ein, zu prüfen, ob die EEG-Entlastungen der Industrie wettbewerbsrechtlich zulässig seien. Einige Stimmen forderten schon damals, die Besondere Ausgleichsregelung für die Industrie unabhängig vom EEG in einem eigenen Gesetz zu regeln, um den großen Zeitdruck von der EEG-Reform zu nehmen. Herr Gabriel lehnte das ab. Deshalb ist es eine Ironie der Geschichte, dass die Industrieprivilegien nun tatsächlich in einem eigenen gesetzlichen Akt geregelt werden, terminiert sogar nach dem EEG. Hätte man dies von Anfang an so getrennt, hätte man die EEG-Reform mit Sorgfalt, Abwägung und intensiverer demokratischer Diskussion vielleicht auf einen zukunftsträchtigeren Weg gebracht. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber das wollten Sie nicht. Das wollte Minister Gabriel nicht. Er wollte dieses Tempo, basta. Damit haben Sie in der gesamten Branche der erneuerbaren Energien für eine fundamentale Verunsicherung, eine anstehende Klagewelle und kaum absehbare Investitionsverzögerungen gesorgt.

Was ist nun bei der Reform der Besonderen Ausgleichsregelung herausgekommen? Eine Umschichtung, aber in der Summe keine nennenswerte Rücknahme der Privilegien für die energieintensiven Unternehmen. Einige Unternehmen werden künftig nicht mehr als antragsberechtigt gelten, dafür rutschen andere in die Privilegierung hinein. Doch selbst für die, die herausfallen, haben Sie ein weiches Polster: Sie gelten als sogenannte Härtefälle, die durch Sonderregelungen eine Umlage von durchschnittlich nur 0,5 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Der Skandal dabei ist, dass dies zeitlich sogar unbefristet ist. Ich halte das für unverantwortlich. (Beifall bei der LINKEN)

Diese Dauersubventionen von eigentlich nicht dazu berechtigten Unternehmen kann man niemandem mehr erklären, vor allem nicht den privaten Stromverbrauchern.

Ich möchte heute auch darüber reden, welche Privilegien im Energiebereich die Industrie gegenüber den privaten Haushalten sonst noch genießt. Im vergangenen Jahr wurde die deutsche Industrie mit insgesamt 16 Milliarden Euro bei Energie- und Emissionsabgaben beschenkt. Ich zähle einmal auf, was dies alles umfasst: Entlastung von der Energie- und Stromsteuer in Höhe von 5,1 Milliarden Euro, kostenlose Verteilung von Emissionszertifikaten in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, sogenannter Eigenverbrauch der Industrie und Kraftwerkseigenverbrauch in Höhe von 1,5 Milliarden Euro – davon profitiert vor allem der Braunkohletagebau -, Befreiung von Netzentgelten, Ermäßigungen bei der Offshorehaftungsumlage, Ermäßigungen bei der Umlage für Kraft-Wärme-Kopplung und reduzierte Konzessionsabgaben.

Das alles bekommt die Industrie zusätzlich. Insgesamt sind dies 16 Milliarden Euro. Der Posten im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfes beträgt nur ein Viertel davon. Ich sage: Diese verdeckten Energiesubventionen verschaffen den deutschen Unternehmen gegenüber anderen europäischen Staaten Vorteile. (Andrea Wicklein (SPD): Wollen Sie die Arbeitsplätze nicht schützen?)

So sichert sich Deutschland in Europa seine Stärke, und so sehr pfeift Deutschland auf den Rest von Europa. (Beifall bei der LINKEN)