Klimaforschung besucht Eva: Über “schwitzende Städte” und Hitzetote

Forschung triff auf Politik: Prof. Dr. Jürgen Kropp und Eva Bulling-Schröter im Berliner Büro (Foto: Privat)

Forschung triff auf Politik: Prof. Dr. Jürgen Kropp und Eva Bulling-Schröter im Berliner Büro (Foto: Privat)

Bei einem einstündigen Gespräch mit Prof. Dr. Jürgen Kropp vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK) hat sich Eva Bulling-Schröter über den Stand der Forschung zu Klimawandel und Entwicklung in den Industriestaaten und globalen Süden informiert. Das Gespräch fand im Rahmen des Programms “Leibniz im Bundestag” statt, bei dem Forscherinnen und Forscher der Leibniz-Gemeinschaft die Abgeordneten des Deutschen Bundestags das Parlament besuchen und zu aktuellen Fragestellungen den persönlichen Austausch mit der Politik suchen.

Einer der Schwerpunkte des sehr interessanten Austauschs war die Bedeutung der Landwirtschaft für den Klimawandel. Eine wachsende Weltbevölkerung mit neuen, fleischintensiven Ernährungswünschen wird den Druck auf das Weltklima weiter verschärfen. Kommen heute rund 20 Prozent der CO2-Emissionen aus der Land- und Viehwirtschaft, so können es bei gleichbleibendem Trend im Jahr 2050 schon 40 Prozent sein, berichtete Jürgen Kropp von jüngsten Berechnungen. Mehr regionale Landwirtschaft und gesündere Ernährungsgewohnheiten könnten ein Gegenmittel sein. Doch sei der moderne Nahrungsmittelhandel global nicht fair organisiert, und viele Volkswirtschaften besäßen nicht die natürlichen Voraussetzungen, um ihre Bevölkerungen ohne Importe oder Fleisch ausreichend zu ernähren. Allein ein Ende der Wegwerfkultur von Lebensmitteln könnte nicht nur Hunger, sondern auch dem Klima helfen. Allein zehn Prozent der CO2-Emissionen aus der Landwirtschaft könnten so reduziert werden, erklärte der Klimaexperte.

Zuhören und aufschreiben, auch das gehört zum Politikerinnen-Beruf (Foto: Privat)

Zuhören und aufschreiben, auch das gehört zum Politikerinnen-Beruf (Foto: Privat)

Dass der Klimawandel weiter fast ungebremst voranschreitet ist eine wissenschaftliche Tatsache. 2015 war das heißeste Jahr der Wetteraufzeichnungen, und schon die ersten fünf Monate in 2016 haben alle vorherigen Hitzerekorde gebrochen. Berechnungen ergeben, dass ohne drastische Einschnitte bei den Emissionen bereits 2040 die globale Erwärmung um 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit angestiegen sein wird. Zwar würde derzeit weniger CO2 ausgestoßen, aber andere Klimagase wie Methan steigen laut NASA-Wissenschaftlern an und seien ein wichtiger Indikator für das vom Menschen veränderte Weltklima.

Die Folgen des Klimawandel sind ungerecht verteilt. In Pakistan etwa, wo der Leiter am PIK der Abteilung “Klimawandel und Entwicklung” regelmäßig forscht und Entscheidungsträger berät, rechne die Regierung mit vielen Toten schon in diesen Jahren durch Hitzefolgen, da die klimawandelbedingten Extremtemperaturen über 50 Grad Celsius ansteigen würde. Wer sich dafür interessiert, wie der Lebensstil im reichen Norden, unser Energieverbrauch und die Klimafolgen zusammenhängen, kann sich dies auf dem “Global Calculator” anzeigen lassen, an dem neben Wissenschaftlern der London School of Economics, der Internationalen Energie Agentur und des Chinesischen Instituts für Energie-Forschung auch Experten des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) sowie seiner Ausgründung Climate Media Factory (CMF) mitgearbeitet haben.

Ein Weg zur besseren Anpassung an den Klimawandel kann der Städtebau aufzeigen. Die Untersuchung zehntausender Städte und Gemeinden in ganz Europa habe gezeigt, dass die Verwendung nicht-wärmespeichernder Materalien (Holz statt Beton) und klimabewußte Stadtplanung zu weniger “Hitzeinseln” und besserer Durchlüftung von Innenstädten führen kann. Mehr Begrünung in den Städten würde es Städten ermöglichen genau wie Menschen zu “schwitzen” und somit eine lebenswertere Umgebung für die wachsenden Stadtbevölkerungen sicherzustellen.

An die deutsche Politik richtete Professor Kropp den Wunsch, in Zukunft Entwicklungs- und Schwellenländer stärker zum Aufbau einer klimafreundlichen Energieversorgung beizutragen. Fluchtbewegungen aus Krisengebieten wie dem Nahen und Mittleren Osten hätten einen klaren Bezug zum Klimawandel. Fazit des Treffens: Nach dem Pariser Klimaabkommen dürfen die Hände nicht in den Schoß gelegt werden, gehandelt werden muss jetzt.