Gabriel macht Bürgerenergie den Garaus

Rede im Bundestag – 10.04.2014

Einzelplan 09 Wirtschaft und Energie

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gabriel, Sie haben ein blendendes Verhandlungstalent. Sie haben es in sicher harten Gesprächen geschafft, den strengen Wettbewerbskommissar Almunia milde zu stimmen. Sie haben die Geschenke an die Industrie einfach umverpackt. Das Öko-Institut berechnet dafür Mehrkosten zwischen 300 Millionen Euro und 2,5 Milliarden Euro. Den Anteil der stromintensiven Industrie an der EEG-Umlage von 5 Milliarden Euro ‑ es werden vielleicht mehr ‑ zahlen weiterhin die normalen Stromkunden mit. Da kann ich nur sagen: Dieses Verhandlungsergebnis adelt Sie als Industrieminister oder, wie vorher gesagt wurde, als Genossen der Bosse.

Wem nützt dieses neue EEG? Was ist mit den privaten Haushalten, besonders mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die am Ende des Monats ihre Stromrechnung kaum bezahlen können? Es gäbe durchaus Möglichkeiten, sie zu entlasten. (Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat dazu einiges vorgeschlagen, zum Beispiel die Senkung der Stromsteuer. Auch die SPD hatte vor der Bundestagswahl diese Forderung erhoben. (Hubertus Heil (Peine) (SPD): Das haben wir bei Schäuble nicht durchbekommen!)

‑ Ich weiß, das alte Spiel: Für den Kollegen Schäuble steht die schwarze Null im Haushalt über allem. ‑ Jetzt frage ich Sie: Wann wollen Sie, Herr Gabriel, Ihr Verhandlungstalent an dieser Stelle einsetzen, für die Bürgerinnen und Bürger? (Beifall bei der LINKEN)

Mit dem EEG 2014 führen Sie exakt das schwarz-gelbe Projekt aus 2012 weiter, das der Solarbranche bereits schlimm zugesetzt hat.

Aber Ihre Einschnitte sind noch drastischer. Nun sollen die kleinen Bürgerenergieprojekte bluten, die bislang knapp die Hälfte der gesamten installierten Leistung von Energien aus Wind an Land, Sonne und Biomasse stellen. Neuanlagen werden über kurz oder lang in die verpflichtende Direktvermarktung gezwungen. Die bisherige Managementprämie entfällt.

Ich kritisiere aber noch mehr die ab 2017 geplanten Ausschreibungen, mit denen die feste Einspeisevergütung endgültig Geschichte wird. In anderen Ländern haben Ausschreibungen zu höheren Vergütungssätzen und Fehlsteuerungen geführt ‑ das ist ja inzwischen bekannt ‑; aber diese Erfahrungen ignorieren Sie einfach.

Auch hier möchte ich wieder fragen: Wem nützen die Ausschreibungen? (Beifall bei der LINKEN)

Es sind zum Beispiel diejenigen, die die Investition, an einer Ausschreibung teilzunehmen und nicht den Zuschlag zu bekommen, verkraften können: große Investoren, die hohe Risiken zu tragen bereit sind. Sie machen Anwohnerenergieprojekten damit den Garaus und leiten einen Paradigmenwechsel ein. Da sind wir wirklich vollkommen dagegen. (Beifall bei der LINKEN)

„Schluss mit Klein-Klein“ ist Ihre Devise auch hier, Herr Industrieminister. Ihr Einsatz für die Unternehmen stellt die hohe Zustimmung zur Energiewende bei den Bürgerinnen und Bürgern wirklich auf die Probe. Die Stromkosten machen von den gesamten Energiekosten eines durchschnittlichen Haushalts nur ein Viertel aus. Heizkosten schlagen viel stärker zu Buche. Auch darüber müssen wir reden.

In den neuen Bundesländern müssen nun nach und nach 75 Prozent der Heizungsanlagen, die nach der Wende eingebaut wurden, ausgetauscht wurden. (Hubertus Heil (Peine) (SPD): Nicht nur in den neuen Bundesländern!)

‑ Nicht nur in den neuen Bundesländern, das ist richtig. Auch in den alten Bundesländern müssen sie ausgetauscht werden. – Warum legen Sie nicht ein Energiegesamtkonzept vor, das endlich auch der Gebäudeeffizienz eine den Klimazielen angemessene Förderung zuspricht? (Beifall bei der LINKEN)

Aus dem Ministerium Gabriel hören wir, dass im Grunde sofort eine Verdoppelung der Sanierungsrate von derzeit 1 Prozent auf 2 Prozent erfolgen müsste, will man, wie geplant, den Gebäudebestand bis 2050 nahezu komplett energetisch saniert haben. Das ist auch notwendig; wir haben schon ein ganzes Jahrzehnt verloren.

Wann will die Bundesregierung den Sanierungsfahrplan, den die EU zum Ende dieses Monats einfordert, vorlegen? Dazu haben wir noch gar nichts gehört. Wir müssen davon wegkommen, die Gebäudeeffizienz und natürlich auch die anderen Maßnahmen für Energie und Klimaschutz über den Energie- und Klimafonds zu finanzieren. Wir sehen ja: Das funktioniert nicht. Der Preis der Zertifikate ist viel zu niedrig. Vom Handel mit ihnen geht nichts aus.

Die Linke fordert 5 Milliarden Euro jährlich für Effizienzmaßnahmen. Diese Förderung müsste verlässlich sein. Gebäudesanierung darf eben nicht zu einem Schwert gegen die Mieterinnen und Mieter werden. Die Mieten müssen bezahlbar bleiben. Es kann nicht sein, dass sich Mieten verdoppeln und Leute aus ihren Wohnungen ausziehen müssen, wie es in einigen Städten bereits der Fall ist. (Beifall bei der LINKEN)

Die dringend notwendige energetische Gebäudesanierung darf nicht ein Trick von Investoren sein, um die Mieten in Innenstädten drastisch in die Höhe zu treiben. Damit schaffen wir keine Akzeptanz, sondern nur Ablehnung. Wir wollen den sozialökologischen Umbau. Dieser Umbau darf also nicht nur ökologisch, sondern er muss auch sozial und bezahlbar sein. Ich denke, das ist auch machbar, wenn die Gelder dementsprechend umverteilt werden. (Beifall bei der LINKEN)