Endlich Transparenz schaffen

Rede am 23.04.2015 zum TOP 28 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus Drs. 18/4655

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung will jetzt die Bedingungen für die Erdverkabelung lockern, unter anderem um Akzeptanz zu schaffen. Das klingt erst einmal nicht schlecht; aber wenn man sich das genau anschaut, muss man feststellen: Auch die Erdverkabelung ist nicht ganz unproblematisch:

Erstens eröffnete dieses Gesetz die Möglichkeit, Trassen durch empfindliche Naturräume zu legen, die dafür bislang nicht infrage kamen. Unter Naturschutzgesichtspunkten, Stichwort „Biodiversität“, ist es ganz wichtig, auf diesen Punkt zu achten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens gibt es die falsche Vorstellung, Erdkabel wären naturverträglich. Doch man muss bedenken, was mit der Erdverkabelung auch zusammenhängt: alle 900 Meter ein Zugangsschacht, eine kaum nutzbare Schneise und 40 Tonnen schwere Kabelrollen, die irgendwie zur Baustelle im sensiblen Gebiet gelangen müssen.

Drittens bekomme ich ein ungutes Gefühl, wenn bei einer kritischen Infrastruktur wie dem Übertragungsnetz von technischer Erprobung die Rede ist.

Trotzdem sehen wir auch Vorteile der Erdverkabelung: wenn es um den Landschaftsschutz geht. Aber bevor jetzt alle „Hurra!“ zur Erdverkabelung rufen, wäre es wichtig, über den Sinn und Zweck des Netzausbaus generell nochmals nachzudenken. Was wissen wir eigentlich über die Notwendigkeit des Netzausbaus? Wir wissen, was die Übertragungsnetzbetreiber als Bedarf ausgerechnet haben. Wir wissen, dass der marktwirtschaftliche Rahmen dafür auf unbestimmte Zeit so bleiben soll wie heute. Wir wissen, dass sie von einem wachsenden und ungehemmten Stromhandel in Europa ausgehen. Und wir wissen, dass ihre Modellrechnungen die Emissionsziele der Bundesregierung verfehlen. Was wir aber auch wissen, ist, dass die Bundesregierung nichts weiß.

(Beifall der Abg. Pia Zimmermann (DIE LINKE))

Wie will die Bundesregierung der Bevölkerung glaubhaft machen, dass der Netzausbau genau so vonstattengehen muss, wenn sie die bestehenden Netzkapazitäten nicht einmal beziffern kann und keine Ahnung hat, in welchem Zustand sich das bestehende Netz befindet? – Das hat sie zumindest auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion geantwortet.

Alles, womit die Bundesregierung argumentiert, ist das Ergebnis einer Modellrechnung, die Geschäftsgeheimnis der Übertragungsnetzbetreiber ist und zweifelhafte Annahmen für die Zukunft zugrunde legt.

Wenn wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Bedingungen für die Erdverkabelung lockern und den Netzentwicklungsplan auf einen Zweijahresturnus umstellen, dann lassen Sie uns doch noch mehr beschließen: Sorgen wir dafür, dass die Bevölkerung, wir Abgeordnete und auch die Bundesregierung wissen können, womit der Netzbedarf überhaupt errechnet wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Netzbetreiber sollen ihre Lastflussdaten und ihre Berechnungsmethodik öffentlich machen. Dann kann man das nachvollziehen, und wir können auch besser streiten.

Die Linke begrüßt es, den Netzbetreibern mehr Zeit für die Erstellung der Netzentwicklungspläne einzuräumen. Die Netzbetreiber sollten diese zusätzliche Zeit nutzen, um Szenarien auszurechnen, mit welchen Maßnahmen der Netzausbau minimiert werden könnte. Das ist wichtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann könnten wir den Rahmen an die Erfordernisse anpassen und müssten nicht ‑ wie jetzt ‑ einen Netzausbau für eine überholte Energiepolitik voller Fehlallokationen vorsehen. Denn das möchten die Bürgerinnen und Bürger nicht ‑ vor allem die in Bayern nicht ‑, und deshalb bekommt die Bundesregierung auch keine Akzeptanz für ihre Mammuttrassen. Eine sinnlose Stromtrasse kann man zwar verlegen ‑ lieber am Nachbarort vorbei oder durch ein anderes Bundesland führen, man kann sie oberirdisch führen oder auch vergraben ‑, das ändert aber nichts daran, dass sie weiterhin sinnlos ist.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)