Billig-billig ist keine Lösung

Foto: Privat

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Rede zu Protokoll am 15.12.2016 ZP 7 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung Drucksachen 18/10209, 18/10352, 18/10444 Nr. 1.10

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) Drucksache 18/10668

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

damit die EU-Kommission bei den deutschen Industrieprivilegien zwei Augen zudrückt, verlangt sie, die KWK künftig über Ausschreibungen zu fördern. Das ist kompletter Unsinn, es gibt sachlich keinen Zusammenhang. Dies ist ein klassischer Deal, der nicht sachgemäß ist und die ohnehin schon komplizierte Materie noch komplizierter macht. Wir halten es für verantwortungslos, nun auch die Förderhöhe der KWK über Ausschreibungen zu ermitteln, nach dem Motto, billig gewinnt. Bei Photovoltaik und Windkraft haben wir das Instrument Ausschreibungen abgelehnt, weil es Bürgerenergie trotz Nachteilsausgleich Steine in den Weg legt und voraussichtlich zu Marktkonzentration einiger weniger Projektierer führen wird.

Bei der Kraft-Wärme-Kopplung haben wir für unsere Ablehnung der Ausschreibungen, wie sie nun für Anlagen zwischen einem und 50 Megawatt eingeführt werden, etwas andere Gründe: KWK-Anlagen sind sehr unterschiedlich, und die Wirtschaftlichkeit einer Anlage ist abhängig von verschiedenen Größen nicht nur auf der Stromseite, sondern auch bei der Wärmeproduktion. In dieser uneinheitlichen Welt sind Ausschreibungen wirklich widersinnig und schädlich für den weiteren Ausbau. Viele KWK-Anlagen produzieren auch Strom für den eigenen Verbrauch, sei es im Gebäudekomplex oder in einer Industrieanlage. Das sollen sie aber nicht mehr dürfen, wenn sie an Ausschreibungen teilnehmen. Gefördert werden dann nur noch Anlagen, die vollständig ins öffentliche Netz einspeisen. Auch das finden wir nicht sachgerecht. Es gibt zudem keinerlei Erfahrungen mit KWK-Ausschreibungen – weder hierzulande noch im Ausland, es existieren etliche offene Fragen.

Aber wie genau die Bundesregierung dies nun gestalten will, denkt sie sich ja selbst erst aus, hier gibt das Parlament ihr heute wieder einen Freifahrtschein über eine Verordnungsermächtigung. Wir bezweifeln, dass sich in dem Bereich von Anlagen zwischen 1 und 50 Megawatt eine faire Ausschreibungspraxis bewerkstelligen lässt. Betroffen sind hier vor allem Stadtwerke und Industrieanlagen, die effizienter werden sollen – deren Planung wird aber unsicherer und verteuert. Wer vorhat, in die hocheffiziente KWK zu investieren, wird künftig ins kalte Wasser geworfen. Da überlegt man es sich zweimal, und  dies obwohl die Ausbauzahlen ohnehin hinter den Erwartungen zurückbleiben. Aufgrund der Umstellung des Fördersystems wird es vermutlich auch zu einem Fadenriss bei den Investitionen kommen, so warnten jedenfalls die Experten in der Anhörung. Es droht eine Investitionslücke von zwei Jahren.

Mit dem Gesetzentwurf werden ferner Industrieprivilegien im EEG und im KWK-G verlängert. Bravo kann ich da nur sagen. Jedes Jahr werden der Industrie beim Eigenverbrauch Umlagen in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro erlassen. Dass dies bei Bestandsanlagen auch weiterhin so sein wird und diese Kosten letztlich auf die Stromrechnung der privaten Haushalte draufgeschlagen werden – das beschließen Sie heute. Das kann man auch nicht mit „Bestandsschutz“ begründen, denn der Gewinn aus dem Eigenstromprivileg wächst automatisch mit jedem Anstieg der Preise für den Fremdstrombezug aus dem Netz. Hier wird unkontrolliert Geld verschenkt.

Einige meinen, ohne diese Privilegien würden etliche KWK-Anlagen unwirtschaftlich. Wir halten dem entgegen: Dann sollte man besser auskömmliche KWK-Zuschläge zahlen anstatt über das Eigenstromprivilegien zweite Kassen aufzumachen, deren Füllung und Berechtigung von niemanden mehr kontrolliert werden kann.

Noch ein Wort zu den EEG-Regelungen aus dem Sommer, die heute bei der Bürgerenergie geheilt werden sollen. Wir als LINKE hatten ja die Missbrauchsmöglichkeiten bei der Bürgerenergie thematisiert. Ich erkenne an, dass die Koalition nun eine Formulierung ins Gesetz aufnimmt, die versucht, Projekte, die nur unter dem Deckmantel Bürgerenergie auftreten und dann nach kurzer Zeit verkauft werden sollen, einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ich bin nicht sicher, ob das Erfolg hat, aber zunächst erscheint es mir stimmig. Nur: Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, muss ich allerdings nochmal klarstellen: Das eigentliche Problem ist nicht der Nachteilsausgleich im EEG bei der Bürgerenergie. Das eigentliche Problem liegt in der Einführung von Ausschreibungen, die systematisch große finanzstarke Investoren bevorteilen, mittelfristig zu einer Marktkonzentration von wenigen Investoren führen und gegen den Charakter einer dezentralen Energiewende wirken. Dieses Problem wird grundsätzlich nicht geheilt, und ich kann nur hoffen, dass die Bürgerenergie sich nicht entmutigen lässt.  DIE LINKE setzt sich weiterhin für eine dezentrale Energiewende in Bürgerhand ein.