Vom Eisen befreit… Oder: wird der Spreewald bald braun?

Fachgespräch in Cottbus am 3.5.2016 (Foto: DIE LINKE)

Fachgespräch in Cottbus am 3.5.2016 (Foto: DIE LINKE)

„Täglich fließen 5.000 Kilogramm Eisen die Spree hinab“, erklärte Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis Klare Spree, einzig die Talsperre Spremberg bewahre den Spreewald davor, aufgrund des hohen Eintrags an Eisenhydroxid vollkommen zu verockern und braun zu werden, so Böhmer auf einer Veranstaltung der Bundestagsfaktion DIE LINKE in Cottbus. Eingeladen hatten die Energie- und Klimapolitische Sprecherin der LINKEN Bundestagsfraktion, Eva Bulling-Schröter, und die Cottbusser Bundestagsabgeordnete Birgit Wöllert. Rund zwei Dutzend Expertinnen und Experten debattierten über die Zukunft der Bergbausanierung in der Lausitz. Dabei ging es einerseits um die Verschmutzung aus Tagebauen und andererseits um den anstehenden Ausstieg aus der Förderung und Verstromung von Kohle (Kohleausstiegsantrag DIE LINKE). Denn es ist das Erbe des Braunkohletagebaus gestern und heute, das die Spree vor Spremberg satt braun färbt und viele Arbeiten erfordert, damit die Lausitz und ihre Bewohnerinnen und Bewohner nicht größeren Schaden nehmen.

Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis Klare Spree (Foto: DIE LINKE)

Winfried Böhmer vom Aktionsbündnis Klare Spree (Foto: DIE LINKE)

Die Umweltaktiven vor Ort betonen denn auch, dass nicht nur die Altlasten der DDR, sondern auch die aktiven Tagebaue ihren Anteil an den Schäden hätten, die täglich zunehmen. Thomas Burchardt von der „Klinger Runde“, die gegen die weitere Abbaggerung von Dörfern protestiert, wies darauf hin, dass die Debatte um den Kohleausstieg nicht von der Frage, wie die Bergbausanierung voran gehe, getrennt werden könne. Denn wie solle man vernünftig über die Sanierung reden, wenn man nachweislich den Schaden weiter plane, so Burchardt.
Eva Bulling-Schröter hat denn auch den neuen Antrag zum Kohleausstieg der Bundestagsfraktion nach Cottbus mitgebracht, der die Abschaltung des letzten Kohlemeilers im Jahr 2035, keinen Neuaufschluss von Tagebauen und einen Strukturwandelfonds von 250 Millionen Euro jährlich für die Braunkohleregionen fordert. Für Rekultivierungsaufgaben hätten die bisherigen Rückstellungen der Tagebaubetreiber in einen Nachsorgefonds zu fließen, damit diese gesichert seien und zusätzlich durch eine Kohleabgabe ergänzt zu werden, so DIE LINKE.

Luftaufnahme der braunen Talsperre Spremberg (Foto: DIE LINKE)

Luftaufnahme der braunen Talsperre Spremberg (Foto: DIE LINKE)

Mit der Frage wie sicher das Geld der Unternehmen für die Nachsorge sei, rückte der Vattenfall-Verkauf der Tagebaue an den tschechischen Investor EPH (Energetický a průmyslový holding) in den Fokus. Diesen sehen die Bundestagsabgeordneten der LINKEN mit großer Skepsis, weil derselbe Eigentümer aus der unternehmenseigenen MIBRAG bereits hohe Kapitalsummen abgezogen habe. Birgit Wöllert forderte daher einen Stresstest für Rückstellungen, die die Unternehmen für Bergbaunachsorge bilden müssen analog zu den Stresstests für Rückstellungen im AKW-Bereich.

Für Rekultivierung und viele Folgeschäden des Kohleabbaus wurden in den vergangenen 25 Jahren bereits etliche Milliardenbeträge ausgegeben, insbesondere um die Altlasten aus der DDR-Zeit in den Griff zu bekommen wie den Grundwasserstand zu regulieren und die Schadstoffbelastung des Wassers zu reduzieren. Dies regelt ein Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Braunkohleländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, das alle fünf Jahre verlängert wurde, weil klar ist, dass die Sanierung weiter gehen muss, sonst reichern sich enorme Mengen Eisenhydroxid und Sulfat im Wasser an. Für wesentliche Kosten der Sanierung, die in der 2017 auslaufenden Vertragsperiode 1,2 Milliarden Euro betrugen, kam bislang in etwa zu drei Vierteln der Bund auf, den Rest trugen die Länder. Doch nun steht die Fortführung des Verwaltungsabkommens, die derzeit verhandelt wird und ab Januar 2018 gelten soll, plötzlich auf wackeligen Füßen. Der Bund möchte Kosten sparen und statt 75 Prozent des größten Postens nur noch die Hälfte bezahlen und für bestimmte Maßnahmen gar nichts mehr.

Kohlebefürworter demonstrieren gegen die Veranstaltung der LINKEN in Cottbus (Foto: DIE LINKE)

Kohlebefürworter demonstrieren gegen die Veranstaltung der LINKEN in Cottbus (Foto: DIE LINKE)

Doch die betroffenen Länder lassen sich das nicht gefallen und pochen darauf, dass der Bund diese Kosten in genau dem Anteil weiter tragen müsse wie das bisher der Fall war. Der Bund könne sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen, schließlich handle es sich um eine Aufgabe, die aus der Wiedervereinigung resultiere, wo der Bund besonders in der Verantwortung stehe, betont Klaus-Otto Weymanns vom brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung. Das Unternehmen LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft) bewältigt derzeit die Umsetzung der vielen Maßnahmen, also zum Beispiel mit einer Barriere dafür zu sorgen, dass der Spreewald vor der Verockerung geschützt wird. Dieses Unternehmen rekultiviert am Ende die ehemaligen Bergbauregionen und macht daraus schöne Seenlandschaften. Doch dafür braucht man viel Geld.

DIE LINKE Brandenburg und die Bundestagsfraktion haben daher Anträge formuliert, die den Bund auffordern, die Finanzierung wie in bisheriger Weise zu übernehmen. Darin waren sich auch die vielen Fachleute in Cottbus einig. Thomas Domres, Landtagsabgeordneter aus Brandenburg, bedankte sich ausdrücklich für die Unterstützung aus dem Bund. Auf der abendlichen Podiumsdiskussion, die der Journalist Hellmuth Henneberg moderierte, rückte die Frage des Strukturwandels in den Fokus. Sabrina Schulz von der internationalen Umweltorganisation E3G, meinte, das wichtigste sei neben dem Geld für die Regionen die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger. Obwohl der Strukturwandel schon seit so vielen Jahren im Gange ist, wurden die Menschen vor Ort noch nicht genug einbezogen. Ein Beispiel dafür wird aus dem Publikum genannt: die lang geforderte Schlichtungsstelle für Konflikte zwischen Bergbaubetroffenen und Tagebaubetreibern, die immer noch nicht eingerichtet wurde. Dennoch wäre es durchaus eine gute Vision, so Schulz, wenn die Lausitz ein gelungenes Beispiel für Transformation werden könnte wie man es so auf der Welt noch nicht kenne.