Pariser Klimaschutzabkommen stark machen – CETA verhindern!


Rede am 22.09.2016 zu TOP 8 und ZP 7 Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 Drucksache 18/9650 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss) Drucksache 18/9704

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Botschafter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen hier heute den Beitritt Deutschlands zum Übereinkommen von Paris. Es ist ein Weltvertrag, der historisch genannt werden kann, und ein Vertrag, der in die Geschichte eingehen wird, ein Abkommen, das erstmals alle Staaten der Erde verpflichtet, die menschengemachte Erderwärmung aufzuhalten, und das den weltweiten Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas besiegelt, um katastrophale Folgen für die Menschheit abzuwenden, ein globaler Klimavertrag, der internationale Solidarität bringen soll, auch durch Hunderte von Milliarden an Klimageldern vom reichen Norden in den benachteiligten Süden. Wir finden, die Annahme so wichtigen Völkerrechts hat mehr Aufmerksamkeit verdient.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Leider hat die Bundesregierung ein bisschen getrödelt. Sogar China und die USA waren schneller. Darum ist der Schweinsgalopp heute im Bundestag im abgekürzten Eilverfahren und morgen im Bundesrat nötig, um bei der nächsten Klimakonferenz in Marokko mit am Verhandlungstisch sitzen zu können. Wie auch immer: Der Beitritt Deutschlands zum Pariser Klimavertrag muss jetzt in Sack und Tüten. Trotz vieler Schwachstellen und blinder Punkte haben wir zum ersten Mal einen Klimakonsens aller Länder der Erde. Er ist aktuell wirklich ohne Alternative, und er ist ein Startschuss. Darum stimmen wir Linken für die Annahme des Klimaabkommens.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun muss, wie bei jedem Vertrag, auch das Paris-Abkommen mit Leben gefüllt werden. Mahatma Gandhi hat einmal gesagt:

Der Mensch kann nicht in einem einzelnen Lebensbereich recht tun, während er in irgendeinem anderen unrecht tut. Das Leben ist ein unteilbares Ganzes.

Das gilt natürlich auch für das Völkerrecht. Jeder von Ihnen wird mir zustimmen, dass es nicht angeht, morgens ein Ehegelübde einzugehen und Treue zu schwören, aber abends den Geliebten zu treffen. Das macht man eher nicht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber genau das macht die Regierung. Da bringt Wirtschaftsminister Gabriel seine SPD morgens auf CETA-Kurs und will mehr Freihandel, und abends kommt dann seine Parteikollegin, Umweltministerin Hendricks, mit dem Paris-Abkommen und will mehr Klimaschutz. Heute, also am selben Tag, an dem das Klimaabkommen verhandelt wird, wurde auch für CETA im Bundestag grünes Licht gegeben. Ich finde, das passt nicht zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Heute CETA und Paris-Abkommen, morgen TTIP. Ich sage: Das ist Verrat am Klimaschutz und an dem Abkommen. Und warum? Artikel 2 legt ja fest, dass die Bedrohung durch den Klimawandel nur dann abgewendet werden kann, wenn der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau bleibt und Anstrengungen unternommen werden, diesen Anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Um diese Temperaturziele nicht zu überschreiten, werden die Vertragsparteien in Artikel 4 aufgefordert, „so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen“. Jetzt kann man sich darüber streiten, was „so bald wie möglich“ genau heißt, wann also der Höhepunkt der weltweiten Emissionen erreicht sein muss. Worüber wir aber ganz genau Bescheid wissen, ist die schädliche Klimawirkung von noch mehr Profithandel und noch mehr Profitwachstum. Studien sagen uns ja, dass der internationale Handel mit Gütern und Dienstleistungen über ein Viertel aller Klimagase weltweit verursacht. Von 1950 bis 2010 ist der Welthandel um den Faktor 32 gewachsen, allein von 1990 bis 2014 um das Vierfache – Tendenz steigend.

Wir Linke haben nichts gegen Handel, aber wir wollen einen vernünftigen Handel.

(Beifall bei der LINKEN)

Da frage ich mich: Warum müssen Blumen aus Kenia eingeflogen werden? Warum müssen Fische von Kanada nach Russland und dann nach China gebracht werden, dort von Tagelöhnerinnen zu Fischstäbchen verarbeitet werden, wieder einmal um den Globus nach Deutschland gebracht werden, damit es hier billiges und schlechtes Essen gibt? Wir brauchen auch keine Handelserleichterungen für Frackinggas und Teersande. Und wir brauchen keine Klagerechte für schmutzige Energiekonzerne.

(Beifall bei der LINKEN)

Das alles ist klimapolitisch der falsche Weg. CETA und TTIP heißt: mehr Handel, mehr Klimagase, mehr Erderwärmung und kein „so bald wie möglich“, das genaue Gegenteil von Paris.

Das sind die Gründe, warum wir Linke beim Völkerrecht genau hinschauen. Wir sind gegen TTIP und haben gegen CETA gestimmt. Aber wir sind für mehr internationales Recht im Klimaschutz. Wir nehmen das Paris-Abkommen ernst, statt es zu verraten, bevor die Tinte auf dem Papier trocken ist.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)