Mehrheit im Land lehnt ab – trotzdem entscheidet sich Mehrheit im Bundestag anders!

Rede im Bundestag – 20.02.2014

ZP 5 Aktuelle Stunde Auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Haltung der Bundesregierung bei der Zulassung der Genmaislinie 1507 und zur Sicherstellung der Wahlfreiheit in

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 88 Prozent der Bevölkerung hier in diesem schönen Land lehnen Lebensmittel, die genmanipuliert sind, ab. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt (SPD))

Jetzt höre ich: Das wissen wir. – Dann frage ich Sie: Warum enthalten Sie sich in Brüssel? Ich muss Ihnen vorwerfen: Sie haben sich mit daran beteiligt, Sie waren zumindest mit schuld, dass jetzt dieser Genmais eingeführt wird.

Es gibt ja drei Parteien in der Koalition. Ich habe Ihr Interview sehr genau verfolgt, in dem Sie sehr armselig sagen mussten: Wir wollten ja, aber wir durften nicht. – (René Röspel (SPD): Das ist der Unterschied zu den Linken: Ihr wollt nicht, und ihr dürft auch nicht!)

Die CSU hat dann ein Flugblatt herausgebracht: Kein Genmais nach Bayern! – Das ist ja schön. Sie wissen, dass die Bayern natürlich auch gegen Genmais sind. Der CSU-Generalsekretär sagt dazu ein klares Nein. Ich frage mich: Warum setzen Sie sich in dieser Koalition nicht durch? (Beifall bei der LINKEN)

Vor der Bundestagswahl hat Horst Seehofer gesagt: Mit unserer Maut setzen wir uns durch. – Dann ging es um den Koalitionsvertrag. Da hat er wieder gesagt: Wir setzen uns durch wie bei der Maut. – Ich frage mich: Warum setzen Sie sich nicht durch? Sie verteilen solche Flugblätter in Bayern, geben Presseerklärungen heraus, in denen Horst Seehofer und Marcel Huber zitiert werden, die eigentlich alle gegen Genmais sind. Ich sage den bayerischen Wählerinnen und Wählern: Die CSU ist in der Regierung und nicht in der Opposition. – Sie machen das schon seit vielen Jahrzehnten so: Schon unter Franz Josef Strauß hat man gegen die in Bonn geschimpft, dann gegen die „Preißn“ in Berlin und so getan, als sei man nicht beteiligt. Sie sind aber an der Regierung beteiligt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Das haben die noch nicht gemerkt! – Max Straubinger (CDU/CSU): Und zwar erfolgreich!)

Jetzt ist die Frage: Warum ist die CDU so dafür? Das fragen sich ja viele. Ich habe den Eindruck: Es ist wieder einmal ein Kotau vor den USA, ein Vorgriff auf das TTIP-Abkommen. Wenn ich mir anschaue, was in den USA passiert, sehe ich, dass dort ein Gesetz verabschiedet wird, welches es den Gentechnikherstellern ermöglicht, sich über gerichtlich angeordnete Verkaufsstopps für Saatgut hinwegzusetzen. Tolle Demokratie! Es gibt dort die FDA, die Food and Drug Administration, die für den Schutz der öffentlichen Gesundheit zuständig ist. Wenn man einmal genauer hinschaut, merkt man, dass ein Großteil der Beamten dort ehemalige Führungskräfte aus Gentechnikunternehmen sind. Das ist interessant. Die Linke hat dazu schon 2006 eine Anfrage gestellt: Auch bei uns gibt es in den Ministerien Vertreter der Pharmakonzerne.

Eine Recherche der Initiativen „Kein Patent auf Leben!“ und der Coordination gegen BAYER-Gefahren belegt, dass zum Beispiel Bayer, aber auch andere Konzerne zu den weltweit führenden Anbietern der Grünen Gentechnik aufgeschlossen haben. Pioneer ist der umsatzstärkste; aber die anderen Konzerne liegen dicht dahinter.

Jetzt rede ich über Patente, die in München genehmigt werden: Von rund 2 000 Patenten, die das Europäische Patentamt in den letzten 20 Jahren auf transgene Pflanzen gewährt hat, besitzt der Bayer-Konzern 206. Dabei geht es um Mais, Weizen, Reis, Gerste, Soja, Baumwolle und sogar genmanipulierte Bäume. Bayer liegt auf Platz eins, noch vor Pioneer mit 179, BASF mit 144, Syngenta mit 135 und Monsanto mit 119 Patenten. Es werden immer mehr. Es gibt dann zum Beispiel die Genmaus und das Genschwein. Wir demonstrieren immer wieder dagegen. Die Leute wollen das nicht. (Beifall bei der LINKEN)

Ich zitiere Ruth Tippe von „Kein Patent auf Leben!“: Bei Pestiziden und Saatgut besitzen die zehn größten Agro-Unternehmen schon heute einen Marktanteil von über 70 %. Ziel dieses Oligopols ist es, den Markt unter sich aufzuteilen und letztlich die Ernährungsgrundlagen der Menschheit zu kontrollieren. Patente auf Pflanzen und Tiere sind dabei ein zentrales Hilfsmittel.

Ich sage Ihnen: Die Menschen wollen das nicht. Ich bin der Meinung, Sie sollten das endlich akzeptieren. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch wenn Sie eine Große Koalition sind und eine 80-Prozent-Mehrheit haben: 88 Prozent der Menschen in Deutschland wollen das nicht. Da nutzt das, was Sie jetzt alles fordern, nichts. (Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Ach ja? Haben Sie alle 80 Millionen gefragt? Was maßen Sie sich eigentlich an, für alle anderen zu entscheiden?)

– Sie können mir ja eine Frage stellen, wenn Ihnen das nicht passt. Wen bzw. welchen Konzern vertreten Sie? (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich möchte Ihnen jetzt noch etwas vorlesen: die Eidesformel des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers und der Bundesminister:

Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden … werde. Ich sage Ihnen: Tun Sie das endlich! (Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Oh ja! Das müssen Sie gerade sagen!)

Einen Schaden durch Gentechnik wollen wir nicht. (Beifall bei der LINKEN)

Ich habe Ihnen hier einen Biomais mitgebracht. Wir wollen solchen Mais, aber nicht den, den Sie wollen – im Interesse der Konzerne, die Sie vertreten, und ihrer Profite. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Guten Appetit!)