Mehr sozial-ökologischen Umbau wagen!

Rede am 08.09.2016 Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017) Einzelplan 09 Wirtschaft und Energie

Drucksache 18/9200

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Geld ausgibt, der muss auch erklären, was für eine Politik er oder sie damit machen will. Wer das Geld der Bürgerinnen und Bürger ausgibt, der muss das natürlich erst recht beantworten.

Was ist jetzt das Ziel des Einzelplans 09? Was sagt er über die Ziele des Wirtschaftsministeriums zu Energie und Klimaschutz? Da steht dann: Als Energieministerium gestaltet das Wirtschaftsministerium die Energiewende. – Mit über 80 Prozent bleibt der Energiebereich in Deutschland für den Großteil der Treibhausgase verantwortlich. Sehr richtig! Also, für den Klimaschutz ist das Ministerium von Herrn Gabriel ziemlich zentral und wichtig.

Ja, und jetzt? Jetzt sehen wir beim Klimaschutz gerade eher andere am Zug, und das wirft bei uns große Fragen auf. Da haben uns beim G 20-Gipfel die USA und China ja vorgemacht, wie schnell das Pariser Klimaschutzabkommen ratifiziert werden kann. Ausgerechnet die alten Klimabremser USA und China treten diesem so wichtigen Vertrag vor Deutschland bei. Da schau!

(Volker Kauder (CDU/CSU): Da schau, was es alles so gibt!)

Das Zögern der Großen Koalition finde ich da schon verwunderlich.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Was?)

– Das finde ich sehr verwunderlich;

(Volker Kauder (CDU/CSU): Warum?)

denn in jedem dritten Satz wird betont, dass durch den Klimaschutz weder für die öffentlichen Haushalte noch für die Wirtschaft zusätzliche Kosten entstehen sollen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Das Präsidium merkt auf!)

Das heißt, jetzt wird es einmal Zeit mit dem Ratifizieren. Wir brauchen hier mehr öffentliche Bekenntnisse für mehr Klimaschutz, meine Damen und Herren, und natürlich nicht nur Bekenntnisse, sondern auch Taten.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Aber stattdessen rücken jetzt wieder die alten Klimabremser in der Union nach vorn und fordern ausgerechnet im Jahr 1 nach der Pariser Klimakonferenz eine Aufweichung der deutschen Klimaschutzziele. Ich sage Ihnen: Das ist zukunftsfeindlich und rückwärtsgewandt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die NASA hat für 2016 gerade festgestellt, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre eine historische Rekordhöhe erreicht hat. Das heißt, wir müssen mehr statt weniger tun.

Da wird vom Kanzleramt, vom Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium, aber auch vom Wirtschaftsministerium der Klimaschutzplan der Umweltministerin Hendricks zerschossen. Ich sage, da geht ganz viel in die falsche Richtung, nämlich nach hinten statt nach vorne. Das muss sich ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann haben wir zwei harte Klimabrocken, die wir Linke beiseiteschieben wollen. Das Erste ist der notwendige Kohleausstieg. Je länger man das Ende der Kohle aufschiebt, umso schmerzhafter ist es für die Beschäftigten und die Regionen in Nordrhein-Westfalen und der Lausitz; das wissen auch alle. Einer der größten Batzen im Einzelplan 09 ist nach wie vor die Steinkohlesubvention mit rund 1 Milliarde Euro.

(Thomas Jurk (SPD): Das sind alte Staatsverträge!)

Ab 2018 wird hier viel Geld frei, weil die Kohlebeihilfe in diesem Jahr ausläuft. Deshalb schlagen wir vor: Lassen Sie uns die frei werdenden Posten in einen Strukturwandelfonds für die Braunkohleregionen Lausitz und Nordrhein-Westfalen überführen. Diese Mittel können einen entscheidenden Beitrag leisten, um den Kohleausstieg einzuleiten, unmittelbar und ohne soziale und wirtschaftliche Verwerfungen, und darum geht es uns doch.

(Dagmar Ziegler (SPD): Was heißt das konkret?)

Wenn wir eines vom Ende der Steinkohle in Deutschland gelernt haben, dann ist es doch das: Wer nicht sofort mit dem Kohleausstieg beginnt, der handelt fahrlässig, und dem geht es eigentlich nur um Wahlkampf und nicht um die Menschen in den Regionen.

(Volker Kauder (CDU/CSU): Was sollen die dann machen?)

Ich sage explizit: Beginnen und nicht alles auf einmal abschalten, wie Sie es uns unterstellen. Aber es muss jetzt begonnen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der andere Brocken ist die energetische Gebäudesanierung. Das ist wirklich sozialer Sprengstoff – das wissen Sie -, weil viele Vermieter die energetische Sanierung zum Anlass nehmen, die Mieten weiter in die Höhe zu treiben. Es ist einfach irre, was auf dem Wohnungsmarkt passiert. Mieterinnen und Mieter werden vertrieben, um anschließend teurer zu vermieten. Diesem Spiel muss endlich ein Ende gesetzt werden,

(Volker Kauder (CDU/CSU): Richtig!)

nicht nur wegen der Verdrängung, sondern auch, weil Akzeptanz von Klimaschutz so brutal zerstört wird. Wir schlagen deshalb vor, die Erhöhung der Mieten nach energetischen Sanierungen für Menschen mit kleinen Einkommen abzufedern. Auch der von Ihnen abgeschaffte Heizkostenzuschuss, von dem 1 Million Mieter profitieren würden, muss als eine Art Klimawohngeld wieder her.

Energetische Sanierungen dürfen eben nicht für Angst und Schrecken sorgen. Energetische Sanierungen sollen der Normalfall und ein Gewinn sein.

Mieterinnen und Mieter sollten ein Recht auf energetische Sanierung erhalten. Das und nicht das Gegenteil müssen wir fördern.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)