CSU-Stromtrassen-Moratorium blanker Populismus

Rede im Bundestag – 13.02.2014

Plenarsitzung vom 13.02.2014 – ZP 5) Aktuelle Stunde – auf Verlangen B90/Grüne – Haltung der Bundesregierung zur Forderung der bayrischen Staatsregierung nach einem Moratorium für den Ausbau der Stromnetze

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Bayern regiert das energiepolitische Chaos.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die CSU, die die Atomkraft stets unterstützt hat, ist unfähig, umzuschalten, sie hat keinen Plan für eine zukunftsfähige Energieversorgung in Bayern.

Natürlich ist der Wegfall der bayerischen Stromerzeugungskapazitäten durch AKWs bis 2022 eine Herausforderung. Hier rächt sich, dass sich die CSU jahrzehntelang auf AKWs fixiert und über Ökostrom gelacht hat. So soll es offensichtlich auch weitergehen: Die Staatsregierung will lieber die Kapazität der Reaktoren von Gundremmingen hochschrauben, anstatt ernsthaft nach vorne zu schauen. Ich halte das für einen Skandal.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich sage auch: Liebe CSUler, aufwachen!

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Zukunft wird erneuerbar sein, auch in Süddeutschland, trotz CSU.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Energien aus Wind, Sonne und Biomasse, die die Bürger gewinnen, müssen und werden die Energieversorgung bestimmen. Hocheffiziente Blockheizkraftwerke bieten sich als Brückentechnologie an, um Flauten und Dunkelheit zu überbrücken.

Gerade im Bereich der Windkraft aber wirft München Knüppel zwischen die Beine, neuerdings sogar mit Rückenwind aus Berlin. Irrwitzige Abstandsregelungen aus dem Hause Seehofer treffen auf ruinöse Vergütungs- und Deckelungsregeln von Sigmar Gabriel. Laut Arbeitsentwurf für das neue EEG soll für die Berechnung des maximalen Zubaus nicht einmal der Rückbau alter Windmühlen gegengerechnet werden. Entsprechend früh wird der Deckel zuklappen, und entsprechend stark werden die Fördersätze zusätzlich gekappt.

Selbst wenn der Deckel noch offen ist, macht das Vergütungsmodell die Windkraft im Süden platt. Das wiederum spielt fröhlich Horst Seehofer in die Hände. Für den ist diese preiswerte Technologie schließlich Teufelszeug. Kein Wunder, dass die CSU gleich noch eine Schippe drauflegt. Sollte es doch einmal besonders gute Standorte geben, darf dort bestimmt keine Anlage hin. Denn nach dem Willen der bayerischen Fürsten sollen sie über zwei Kilometer von der Wohnbebauung entfernt sein.

(Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Gut so!)

Ich sage: Absurder geht es kaum! Das sagt übrigens auch ein Teil Ihrer Parteispitze.

Ich frage mich inzwischen, was die Stromlücke in Bayern und Baden-Württemberg füllen soll, wenn die letzten süddeutschen AKWs vom Netz gehen. Nun bedient sich Horst Seehofer auch noch des Misstrauens vieler Bürgerinnen und Bürger gegen den Netzausbau. Wir von der Linken sagen: Dieses Misstrauen vieler Menschen an sich ist nicht unberechtigt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Hubertus Heil (Peine) (SPD): Aha!)

Das ist es überhaupt nicht, im Gegenteil. Schließlich liegt dem Netzentwicklungsplan ein krudes Szenario zugrunde. Es lässt die Kohleverstromung ewig im Hochbetrieb weiterlaufen, obwohl die Ökostrommenge ständig steigt. RWE, Vattenfall und Eon lassen grüßen ‑ wieder einmal.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Hubertus Heil (Peine) (SPD): Die Linke und Seehofer in einem Boot! Furchtbar!)

Insofern ist die Förderung von Bürgerinitiativen, die Bundesnetzplanung zu überarbeiten, vollkommen richtig. Ich unterstütze das explizit.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat dies selbst immer gefordert. Denn wir wollen einen regenerativen Stromverbund, aber keine Kohlestromautobahnen.

Sicher brauchen wir im Süden auch Stromtrassen. Die Frage ist aber, wie viele und für wen. Die Staatsregierung in Bayern betreibt an dieser Stelle blanken Populismus. Das ist kein Wunder; schließlich stehen die Kommunalwahlen vor der Tür. Ein solches Verhalten sind wir von der CSU ja gewöhnt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die CSU fordert heute ein Moratorium für den Bau von Höchstspannungstrassen für exakt die Korridore, an denen sie bis gestern nichts auszusetzen hatte. Dem Bundesbedarfsplan hat die CSU hier im Haus letztes Jahr zugestimmt,

(Zurufe von der LINKEN: Hört! Hört!)

im Gegensatz zu den Linken. Sie haben gewusst, welchem Vorhaben Sie da zustimmen. Sie sollten einem Bayern nicht erzählen: Das haben wir ja gar nicht gewusst.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Die CSU spielt verlogen den Volkstribun gegen den Netzausbau. Da frage ich mich: Was ist denn mit stromgeführten Blockheizkraftwerken? Sie könnten diese unterstützen; das wäre sinnvoll. Was ist mit Irsching 5? Lassen Sie es pleitegehen, oder kümmern Sie sich endlich um Gaskraftwerke?

Der Eindruck verfestigt sich, dass München die Energiewende schlicht gegen die Wand fahren will. Ich sage Ihnen: Das lassen wir einfach nicht zu. Wir unterstützen die Initiativen vor Ort, auch die bei mir im Wahlkreis.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Wie viel haben Sie da im Wahlkreis? 3 Prozent? Ich lach mich tot!)

Aus Berlin wird München dann auch noch unterstützt. Dazu kann ich nur sagen: Bravo, Herr Gabriel. Ändern Sie Ihre Politik. Die Leute in Bayern warten darauf, auch Ihre Wähler.

(Beifall bei der LINKEN)